Arm aber glücklich?

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  • Was ich nicht kann - und ich habe Erfahrung damit: sich arm fühlen und glücklich sein. Dann, wenn es an die Existenz geht.


    Das irre ist, dass man sich auch mit A14 noch schlecht fühlen kann, man muss sich nur in einem Umfeld aufhalten, in dem die Leute nicht mit dir reden, wenn du bzw. deine Eltern nur 4.000 Euro im Monat verdienen.


    Malin, was du beschreibst, ist eine Form von Ideal. Theoretisch ist es vielleicht möglich, dass jeder das erreicht. Das ist wie mit dem Kapitalismus, da kann auch theoretisch jeder reich werden. Nur komischerweise klappt es bei den meisten nicht.

  • Malin, ich weiss, was Du meinst, und ich stimme Dir auch weitgehend zu - wenn es nicht um Existenzangst geht. Ich glaube auch, das man immer meistens was
    aus seinem Leben machen kann, solange man nicht allzu sehr von aeusseren Umstaenden gefangen ist.
    Aber wenn es um die Existenz geht, ist das eine sehr schwierige Sache und letztendlich, wie Shakes schreibt, ist es das Ideal. Ein hohes Lebensziel und wenn nicht
    sogar fuer manche der Sinn des Lebens.

  • Hm, ich hätte Heras Frage lesen sollen, bevor ich meinen gestern abend abgebrochenen Beitrag fertiggeschrieben habe. Jetzt kann ich ihn wegschmeißen. ;)


    Hera stellt nämlich genau die Frage, die ich eigentlich beantworten hätte wollen.


    Es macht einen großen Unterschied, ob man aus der Armut auch mal rauskommen kann. Also wenn die Eltern immer arg rechnen müssen, aber die Großeltern auch am Monatsende noch Geld für die dringend nötige neue Jacke oder die Klassenfahrt rausrücken können und das auch tun, das zieht der ganzen Not den Zahn. Oder in dem Fall, den Studenten oft haben: Man kann auch mal noch die eigenen Eltern für Spezialausgaben heranziehen.


    Und dann gibt es noch andere wichtige Unterschiede zwischen Student/innen und normalen armen Leuten.
    - Student sein ist eine Übergangsphase. Man leidet nicht unter Perspektivlosigkeit.
    - Man muss keine teuren Wege zurücklegen, um Freunde zu treffen. Man hat möglicherweise ein Studiticket und ziemlich sicher viele Gleichgesinnte, die man regelmäßig an der Uni trifft.
    - Man kriegt an vielen Stellen Ermäßigungen
    - Man wird auch auf Partys eingeladend, wenn man nicht selber welche geben kann
    - Gesundheitliche Probleme sind normalerweise noch kein Thema, egal wie schlecht man mit dem eigenen Körper umgeht
    - Wenn man jung ist, kann man sich auf alles mögliche einstellen, auch auf wenig Geld
    - Und vor allem: Wer studiert, hat normalerweise ausreichend intelektuelle Resourcen, die einem auch ein Leben in Armut vereinfachen. (Unabhängingkeit gegenüber teuren Konventionen, kein Bedarf nach teuren Statussymbolen, die Möglichkeit, sich überall das günstigste Angebot rauszupicken, die Kreativität, die man für kreative Wege der Freizeitgestaltung braucht, ...)


    Geld ist nicht das einzige, was ungerecht verteilt ist.


    Ich finde diese Aussage, wer unglücklich ist, ist selbst dran schuld, übrigens extrem ärgerlich.

  • Hera, hast Du bei Deiner Rechnung auch das Kindergeld mit eingerechnet? Das fällt nämlich bei ALG2 weg.
    Ich hätte als Student mit Kind definitiv mehr geld als im ALG2-Bezug.


    Darüberhinaus kann man als Student ganz anders arbeiten. Es wird echt wenig angerechnet, sodass es sich auch lohnt. Und die Jobs sind auch andere... was ich echt fies finde. Als Student kann ich auch kleine Jobs machen, die 1. dennoch gut bezahlt werden (weil ich zB: keine Steuern zahlen muss) und 2. auch keine Putzjobs sind, sondern in Bereichen von PR, Marketing, Programmierung oder sei es am Fließband. Ich finde da den großen Graben zwischen den zwei Stati wirklich erschreckend. Mal ganz davon abgesehen, dass man als armer Student zB. Kredite bekommt, als ALG2-Empfänger nicht usw.


    Der soziale Druck und die Ausgrenzung sind nicht zu vergessen, denke ich.

    • Offizieller Beitrag

    Ja, Studentin mit wenig Geld ist was Anderes als Jemand mit fertigem Beruf, aber einer Bezahlung, die nicht existenzsichernd ist, auf Arbeitssuche etc...
    Ich denke, der grösste Unterschied liegt da wirklich in der Perspektive - wenn ich weiss, in 2 Jahren kann ich mich auf gut bezahlte Stellen bewerben, dann trägt sich Verzicht doch ganz anders als: ich werde den mies bezahlten, anstrengenden Job bis zu meiner Minimalrente machen...


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Ich bin als Kind mit "wenig"aufgewachsen, alle Hobbies meiner Freundinnen ( auf dem Gymnasium hatten fast alle mehr Geld ) waren mir nicht zugänglich. Instrument zu teuer, Tennis auch nicht , Reisen etc. , aber ich hatte Glück dass ich mein liebstes Hobby selbst finanzieren könnte ( Pferde und Reitsport)
    Trotzdem wurde man oft schief angesehen ( von einzelnen Personen ), wenn man keine Markenkeidung trug , in einer Mietswohnung wohnte und keine teuren Urlaubsreisen vorzuweisen hatte. Unglücklich hat mich das nicht gemacht, weil es aber Kompensation gab, ich weiß nicht wie es ohne diese Möglichkeiten gewesen wäre, oder wenn man aus irgendeinem Grund nicht so selbstbewusst damit umgegangen wäre oder nicht so viele Freunde gehabt hätte ( evtl durch Umzug oder so)


    Dann haben wir ,auch mit Kind, lange unterm Hartz 4 Satz gelebt. ( 1050€ inklusive Kindergeld )
    Auch kein Bafög bezogen , so dass viele Ermäßigungen auch nicht gegriffen haben. GEZ zum Beispiel.
    Meine Schwester bezieht aktuell Hartz 4 als Alleinerziehende und sie lebt mit deutlich mehr Luxus.
    Aber wie hier schon jemand schrieb, es ist ja ein Unterschied, ob etwas ein Dauerzustand ist. Und man hat keine soziale Stigmatisierung. Und alleine dadurch dass man das studieren kann was man möchte, entstand bei uns schon ein Glücklichkeitsgefühl. Ich kann mir gut vorstellen , dass es trotz weniger Geld nicht gleichzusetzen ist, wie wenn man Dauerhaft auf Hartz4 angewiesen wäre.


    Aktuell haben wir den Luxus uns für mehr Freizeit mit Kind im Austausch gegen deutlich weniger Geld zu entscheiden, wobei wenn das Kleinchen anders wäre, dann wäre ich vielleicht auch früher wieder eingestiegen mit arbeiten.
    Ich bin schon sehr glücklich darüber , dass wir so handeln können, was anderen nicht so möglich ist.


    Geld macht bestimmt nicht glücklich, aber ein dauerhaftes Sorgen um zu wenig Geld , bestimmt unglücklicher, als ohne diese Sorgen.

    • Offizieller Beitrag

    Finanzielle Armut kann vorhandene Probleme akut verschärfen.
    Seien das Probleme in der Partnerschaft, gesundheitliche Probleme oder was auch immer.


    Und das wirkt sich natürlich wiederum auf die Kinder aus.


    Und dann ist es auf jedenfall so, dass wenn es keine Aussicht auf verbesserte finanzielle Situation besteht, keine soziales Netz vorhanden ist, die Armut ein Tabu ist, dass man ja nicht nach Aussen tragen darf, soziale Isolation etc. sich sehr erschwerend auf Kinder auswirken kann.


    Wir waren nun eine Zeitlang sehr knapp an finanziellen Mitteln und sind es immer noch. Aber wir hatten genügend Ressourcen, das aufzufangen:
    - Grosseltern, die grössere Anschaffungen (Therapiekosten, Fahrräder, Ferienlager) übernommen, bzw. mitfinanziert haben
    - Eine Umgebung, in der man wenig Markendruck und so hat.
    - Das Wissen um die Bedeutung an sozialer Teilhabe, und die Fähigkeit günstige und kostenlose Freizeitangebote zu finden.
    - Die Hoffnung und die Chance, dass es besser wird.
    - Freunde, die uns zum Essen einladen, die verstehen, wenn man keine grossen Geschenke mitbringt.
    - Immer wieder die Möglichkeit aus wenig doch etwas grosses, schönes zu machen.


    Ich finde, als Eltern ist es schwerer arm zu sein als als Single. Es fällt mir leichter auf Dinge zu verzichten als den Kindern etwas abzuschlagen.

  • Es hängt wirklich viel an der gesellschaftlichen Einbindung. Soziale Teilhabe - wie es immer so schön heißt.
    Wer sich da positionieren und in einem Kreis von Leuten finden kann, für den ist Geld vielleicht nicht so wichtig. Anti-Konsum, alternativ, künstlerisch, studentisch... Auch die BEWUSSTE Entscheidung - zB weniger Geld für mehr Freizeit.
    Aber dann hat man wahrscheinlich starke gemeinsame Nenner/Interessen unabhängig vom Einkommen.


    Als STINO ohne besonderes Profil - nennen wir es mal so - ist das schon schwieriger.
    Allein schon die Wohnsituation: Während alte Freude im Laufe der Zeit in ihre gekauften/ererbten Eigenheime einladen, gern mal zum Grillen, sind diese saloppen Einladungen in einer Mietwohnung nicht so zu machen.
    Und auch unter Studenten sind mir schon Aufrechnungen untergekommen. Paare, die grosse Partys schmeissen, während die Single-Studi-Frau halt ein Zimmer bewohnt.

  • Hera, ich glaube, studentische Lebensumstände sind erstens nochmal anders als später im Berufsleben.
    Zweitens ist das Umfeld anders. Drittens ist Dein Kind noch sehr klein, spätestens in der Grundschule ist nicht mehr viel mit geerbten Klamotten und wenn die Schule schleunigst zwei paar Turnschuhe haben will (einmal Halle, einmal draußen), dann muß man die meist bis übermorgen haben und wenn Kind schnell wächst, passiert das noch häufiger. Bildung ist zwar kostenlos, aber das Drumrum summiert sich schnell. Hobbies kommen dazu. Hier im Ort ist es im Sportverein sehr günstig für die Kids, woanders ist es teuer - ja, es gibt diese Zuschüsse, aber die reichen wahrscheinlich hinten und vorne nicht (ich zahle für J. zumindest für diverse Hobbies deutlich mehr als 10Euro pro Monat). Die Kiga-Kosten fangen hier bei der untersten Einkommensgruppe irgendwo bei 150Euro an und damit ist man noch nicht in den Kiga gekommen (je nach Ort geht das mit dem Bus vielleicht gar nicht - und nicht überall sind Busfahrten bezuschußt) und ein gutes Fahrrad mitsamt Kindersitz oder Kinderfahrrad muß man auch erstmal haben. Und manchmal kommt man auch ohne Auto nicht aus - das reißt ein ziemliches Loch in den Geldbeutel.
    Ich kann nicht vom heutigen H4-Leben reden, aber als wir vor 20 Jahren nach D gezogen sind, haben wir 1Jahr lang Eingliederungshilfe bekommen, das war von der Höhe so wie die Sozialhilfe damals. Zu dem Zeitpunkt kam uns das unendlich viel vor - erstmal. Genug zu essen und Schuhe, die nicht sofort auseinander fallen, wow. Wir hatten eine möblierte Wohnung im Aussiedlerheim, kostengünstig in der Miete, Möbel wurden nicht gebraucht, waren ja da, für die Klamottenerstausstattung gab´s die Kleiderkammer (und da alle anderen in unserem Umfeld sich da ebenfalls bedienten, war das okay), das Essen haute allerdings da schon rein bei 5 Personen. Man will (und darf auch nicht) aber nicht ewig im Heim wohnen in 1,5 Zimmern mit 5 Personen, also Wohnung zur Miete gesucht. Und da ging das Elend los - bezahlbar gab´s nicht wirklich was, die Vermieter winkten teils ab, kaum sie den osteuropäischen Akzent gehört haben oder spätestens als sie hörten, wie viele Leute wir sind. Wir fanden dann doch was, aber am Ende der Welt und nicht grad günstig (die Alternativen wären soziale Brennpunkte, aber da wollten meine Eltern auf keinen Fall hin, weil wir uns integrieren sollten und nicht abschotten - und im nachhinein hatten sie völlig recht, aber der Preis dafür war hoch). Auto mußte her, sonst kein Job, Fahrkosten waren damals schon nicht ohne, weil jeder von uns woanders gearbeitet hat, Möbel mußten her, auf dem Boden kann man nicht schlafen und essen, der einzige Laden im Ort war der teure Edeka und als ich aufs Gym kam (Sorte Arzt- und Rechtsanwaltkinder), hab ich mich unendlich arm gefühlt. Weil ich weder Markenklamotten noch ein Auto noch Urlaube hatte und nicht mal ein eigenes Zimmer und völlig andere Lebensumstände als 98% der Mitschüler. Dabei haben wir damals gar nicht mehr von der Eingliederungshilfe gelebt, sondern von zwei mittelmäßigen Gehältern, einer Rente und zweimal Kindergeld. Und das Geld war trotzdem weniger (gefühlt und tatsächlich, weil viele Posten anfielen, die im Heim nicht vorhanden waren) als im ersten Jahr in D. Teure Miete, Versicherungen, Benzin, alles mögliche und keinerlei Vergünstigungen mehr. Insofern seh ich das Ganze schon als einen Mix aus tätsächlichen Einnahmen/Ausgaben (mit einer größeren Familie mit 1-2 berufstätigen Personen fällt mehr an als bei einer Studentinmutter mit Kleinkind) und dem Lebensumfeld.

    LG H. mit J. (volljährig) und S. (Teenie)

  • Ich bin der Meinung, dass man Glück schon selber beeinflussen kann. Dazu braucht man aber auch die bestimmten Mittel. Und wenn diese "Grundbedürfnisse" wie Freiheit, Gesundheit, Hunger, Durst und Wärme nicht gestillt sind, kann man auch mit der größten Kraft das Glücklichsein nicht erzwingen.


    Daher gibt es arme Menschen die glücklich sind, weil sie genug Geld für Essen, Leben und Soziales haben und an den wichtigsten Dingen nicht leiden. Genauso gibt es auch unglückliche Menschen die viel Geld zum Leben haben.


    Den größten Faktor finde ich um glücklich zu sein, dass man eine Aufgabe hat, dass man etwas tun kann und gebraucht wird. Jemand der im Leben ausgefüllt ist mit einer Aufgabe die ihm Spaß macht, ist schon fast ein glücklicher Mensch. Dagegen jemand der keinen Sinn in seinem Leben sieht, keine Arbeit, keine Aufgabe hat, nicht gebraucht wird, wird nicht glücklich sein. Fehlende Perspektivlosigkeit ist das Stichwort.


    Ich selber lebe seit nun bald 7 Jahren auf H4 Ebene und habe es oft gesehen. Menschen die längere Zeit in Armut leben, verlieren ihre Perspektive, sie haben nichts worauf sie sich freuen können. Und genau diese Menschen werden unglücklich. Klar ist es schwierig glücklich zu sein, wenn man Schulden hat, krank ist und der ständige Blick aufs Konto welches leer ist.
    Aber ich muss sagen, seit ich den Sprung geschafft habe und nochmal eine neue Ausbildung mache habe ich noch weniger Geld als mit H4. Wir leben von Bafög und bekommen aber keine Ermäßigungen, da diese meist nur für "Schüler bis 27" gehen. Schüler über 27 haben halt Pech gehabt. Aber trotzt meinen Schulden, dem wenigen Geld, der wenigen Zeit, dem Stress, geht es uns viel besser seit ich diese Aufgabe habe. ICh muss morgens raus, ich muss früh ins Bad mich zurecht machen, ich komme unter Leute... Diese ganzen Sorgen die sonst noch sind sind gefühlt kleiner geworden. Und ich habe eine kleine Perspektive, wenn ich auch nie viel Geld verdienen werde.


    Hera, meine Kinder sind nun etwas älter. Ich muss monatlich Essengeld fürs Schulessen zahlen (60EUR) Monatskarten für die Bahn (80EUR) Hortgeld (120EUR) mehrmals Schuhe, Hosen, Socken, Schulsachen (meist um die 100EUR im Monat). Klassenausflüge, Schwimmunterricht, Vereinsgeld... Dazu kommt eine größere Wohnung, denn zwei größere Kinder brauchen eigene Zimmer, wir zahlen mehr Strom, denn die Kinder hören Radio, schauen Fern... . Das ist im ALGII nicht mit berechnet. Da bekommt ein 12jähriger so viel wie ein 6jähriger und der nur wenig mehr als ein Neugeborenes. und das Essen was ein Pubertist so vertilgt ist meist mehr als ein Mann schaffen würde. Und Kleidung für einen Jungen in 158 bekommt man nicht mehr gebraucht. Den H4 Satz darf man nicht vergleichen wenn man sehr kleine Kinder hat, da ist das ALGII einfach zu ungerecht aufgeteilt.

  • das stimmt. Ich sehe das hier... mit Baby oder Kleinkind, zumindest, wenn man stillt und Stoffwindeln nutzt, verbrauchen einfach fast nix. Da bleiben halt mal locker 200 Euro im Monat übrig für Bio-Nahrung und Freizeit.


    Zumal für manche halt auch Schulden dazukommen, da gehen auch teilweise bis zu 100 Euro im Monat weg. Diese Schulden sind halt auch teils vermeidbar, aber nicht immer. Bei uns sind auch einige durch Bafög, Studienkredit, Verschusselung und Amtsverstaubung, plötzlicherl Rahmenbruch beim 1. Fahrrad und Notwendigkeit eines ordentlichen Rades, Waschmaschine, Fahrradanhänger etc. Genauso wie Stromnachzahlung und sowas.


    Genauso wie Alleinerziehende mit Alg2 tatsächlich 145 Euro mehr im Monat zur Verfügung haben, was ich ehrlich gesagt nicht so ganz verstehe, aber egal. Als Familie hat man demnach durchaus weniger.

  • Ich hab nochmal über das Thema nachgedacht. Ausgehend von der Frage, dass ich einige Leute kenne, die "bitterarm" sind, aber sehr glücklich. Und glaube, das Ganze hat auch viel mit Freiheit zu tun. Armut beschränkt nämlich die eigene Freiheit enorm. Der Reiche kann z. B. auch Urlaub auf Balkonien machen - dann war das aber seine eigene Entscheidung. Und die Menschen, die ich kenne, sind eben aus eigener Entscheidung heraus "arm". Nonnen, ein Eremeit, zwei Personen. die ohne Geld leben.


    Das ist aber was anderes. Denn die hatten Wahlfreiheit und haben sich für dieses Leben entschieden. Das ist bei der alleinerziehnden Mutter am Existenzminimum oder dem Kind, dessen Eltern beide arbeitslos sind, eben nicht so.

  • Hey,


    ich hab jetzt nicht gelesen was die anderen geschrieben habe sondern schreibe mal meine Sicht.
    Meine Eltern haben Geld. Ok sie haben lange Jahre gebraucht das aufzubauen, als ich sehr klein war hatten die auch noch nicht viel bzw sogar sehr wenig. Da gabs damals auch mal joghurt von der Stütze und der Ofen wurde geheizt mit gesammeltem Holz aus dem Wald wenn es eben eng war. Wobei da war ich so klein dass ich mich nicht mehr dran erinnern kann aber es wurde mir mal erzählt.


    Später als ich größer wurde habe ich schon bemerkt das wir nicht viel hatten bzw aber auch das meine eltern sehr sparsam waren. Sie hatten ein uraltes haus gekauft und bauten das in eigenleistung praktisch neu auf. Das war viel Arbeit und auch teuer. Dafür verzichten wir auf markenklamotten, lange auf taschengeld, auf urlaub und so manches andere. Reiten? Ein Instrument? Zwischendurch neues SPielzeug? Fehlanzeige. Waren Klamotten kaputt wurden sie oft geflickt. Wir bekamen das aber auch gut verpackt erklärt, dafür hatten wir ein Haus, einen riesen Garten und jeder sein eigenes Kinderzimmer. Das hatten viele andere dafür nicht. Was auch ein Ausgleich war waren gut dosierte andere *Zuwendungen* Statt Urlaub fuhren wir dann mal zu Ausflügen. Selten zwar aber das gab es. Statt Reitunterricht zumindest dann einen Hund. Das waren dann kleine Kompromisse. Und was wir bekamen war sehr viel Freiraum. Während Mama und Papa im Haus und im Garten praktisch meine ganze Kindheit am werken waren hatten wir Geschwister uns, wir tobten durch den Garten, die Nachbarschaft und die umliegenden Wälder, machten Blödsinn ohne ende und wurden dann jeden Sonntag zum spazieren durch die Gegend geschleift. Sonntags gabs dann gemeinsame Essen in Perfektion. Uns fehlte also sowohl die prallen Geldgeschenke als auch die tägliche Dosis Aufmerksamkeit. Trotzdem haben mich ganz andere Dinge verletzt.


    Heute mit meinen Kindern ist das auch irgendwie ganz anders. Wir haben auch nicht viel Geld. Relativ wenig sogar. Ohne Wohngeld/Kinderzuschlag sähe es wirklich sehr mau bei uns aus. Trotzdem habe ich nicht das Gefühl das die Kinder drunter leiden. Ich habe aus manchem gelernt. Wir machen viel mit den Kindern, das meiste geht ohne großes Geld. Wir sind oft draußen, spazieren, besuchen Spielplätze, Wälder, Bauernhöfe, gehen in den eben günstigsten Zoo oder in schöne Parkanlagen. Nach Geld fragen bzw nach teureren Wünschen tut bislang nur unser größter. Und mit dem habe ich darüber auch schon geredet. Er weiß das eben bislang nur papa arbeitet und er mag das ich zuhause bin. Und er versteht auch das wir deshalb weniger geld haben. Aber er sieht auch das er trotzdem vieles bekommt. Wir gönnen uns schon auch mal urlaub je nach haushaltskasse zwar manchmal nur kurz und auch immer sehr günstigen (was die kinder natürlich noch nicht so sehen) über familienstiftungen o.ä. Und ich nutze so ziemlich jedes angebot das ich für die kids bekommen kann. Aus dem paket für bildung und teilhabe an sport o.ä. haben wir schon so manches für die kinder finanziert, sport für den großen, musik für den mittleren, planschen für den kleinsten u.ä. Dazu sparen wir für die Kinder und haben gut vorgesorgt damit es niemals viel zu eng wird. Also für die absoluten Notfälle oder wenn die Kinder wenn sie größer sind viel teurere wünsche haben, studieren, führerschein, auto, möbel etc, dazu möchte ich gern einen grundstock haben. Einfach damit wenn sie mal lernen wollen um es wirklich besser zu haben dann will ich dann kein leeres portemonae haben.

    Glück kann man nicht kaufen, Glück wird geboren

  • Ich hab nochmal über das Thema nachgedacht. Ausgehend von der Frage, dass ich einige Leute kenne, die "bitterarm" sind, aber sehr glücklich. Und glaube, das Ganze hat auch viel mit Freiheit zu tun. Armut beschränkt nämlich die eigene Freiheit enorm. Der Reiche kann z. B. auch Urlaub auf Balkonien machen - dann war das aber seine eigene Entscheidung. Und die Menschen, die ich kenne, sind eben aus eigener Entscheidung heraus "arm". Nonnen, ein Eremeit, zwei Personen. die ohne Geld leben.


    Das ist aber was anderes. Denn die hatten Wahlfreiheit und haben sich für dieses Leben entschieden. Das ist bei der alleinerziehnden Mutter am Existenzminimum oder dem Kind, dessen Eltern beide arbeitslos sind, eben nicht so.


    Ich meine, dass ist einer der wichtigsten Punkte dabei. Wenn man sich für ein Leben in Armut entscheidet, wie ein Mönch z.B., dann ist das etwas ganz anderes, als wenn man den Job verliert und die Familie dann Hartz4 beziehen muss. Sich nackig machen muss vorm Amt und zum Teil entwürdigende Behandlung dort kommt dann ja noch dazu.


    Selbstgewählte Armut bzw. der selbstgewählte Verzicht auf materielle Dinge, wie in einem Kloster beispielsweise, kann sicherlich erfüllend sein und Glück pur.


    Ansonsten bin ich der Meinung: Geld allein macht nicht glücklich, beruhigt aber ungemein. ;)


    LG Ditta

    Alles, was einmal war, ist immer noch. Nur in einer anderen Form. (Hopi-Weisheit)



  • Dittas letztem Satz kann ich mich nur anschließen. Ansonsten wurde hier schon eine Menge wichtiger Dinge genannt.


    Armut steht immer in enger Verbindung zu Abhängigkeit und erzeugt Druck. Beides sind Faktoren, die es einem schwer machen, glücklich zu sein. Wer ist schon gern von etwas/jemandem abhängig bzw. permanent auf Hilfe angewiesen? Klar bin ich dankbar darüber, diese Hilfen zu bekommen. Sei es nun staatlicherseits oder von der Familie aus. Aber glücklich macht mich das nicht. Diese existentiellen Sorgen setzen einen unter permanenten Stress. Bei uns ist es nicht so, dass wir ab dem 20. des Monats nur noch Nudeln zu essen haben. Oder dass wir uns den Coffee to go nie leisten können. Auch die Kinder - sind noch klein und kosten nicht die Welt - müssen noch nicht verzichten. Dennoch sehnen wir uns nach einer Zeit, in der Schulden abbezahlt sind, in der nicht mehr alle 6 Monate in stundenlanger mühevoller Arbeit Anträge geschrieben werden müssen, in der mindestens eine 2 vor der vierstelligen Summe am Monatsanfang auf dem Konto steht. Wenn wir regelmäßig etwas für die Kinder zurücklegen können, das ihnen später das Leben erleichtert. Einen Urlaub einmal im Jahr, nicht in der Nebensaison und nur drei Tage und nur national. Urlaub ist Luxus, man braucht ihn nicht zwingend zum Überleben, aber er macht glücklich. Sicher gibt es viele tolle Dinge, die man auch ohne viel Geld erleben kann. Aber vieles bleibt einem ohne dieses Geld halt auch verwehrt.


    (Nicht selbst gewählte) Armut erzeugt eine Menge Frust. Das ist Fakt. Wie man damit umgeht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mein Leben wäre auch mit mehr Geld nicht perfekt. Aber diesen Druck und die Abhängigkeit nicht mehr im Nacken sitzen zu haben, würde mich glücklicher machen.

  • Ich habe jetzt nur die erste und die letzte Seite gelesen, ich hoffe, ich habe nicht etwas überlesen, das ich jetzt bloß wiederhole.


    War nicht kürzlich in den Zeitungen ein Artikel über eine Studie, derzufolge Menschen mit wenig Geld im Schnitt tatsächlich weniger glücklich sind als Menschen mit mehr Geld? Meiner Erinnerung nach wurde da nicht gesagt, dass die mit noch mehr Geld dann wieder unglücklicher werden, aber das kann ja auch weggelassen worden sein.


    Wie einige von euch denke ich auch, dass zum Glücklichsein zweierlei dazugehört, zum einen die objektiven Randbedingungen, wie z.B. das Geld, das man übrig hat, zum anderen aber auch die eigene Einstellung.


    Ich selbst bin (und war schon immer) ganz arg eine "Glas-voll"-Person. Meine Eltern waren wirklich arm (für's tägliche Leben - sie haben einen Hauskredit abbezahlt, und das Haus stellte dann Jahrzehnte später natürlich schon einen Gegenwert dar, aber das bedeutete auch, dass mein Vater wohl häufiger bei der Bank gen Monatsende betteln war, damit sie ihm nochmal 50 Mark Kredit geben, damit er etwas zu Essen kaufen kann). Trotzdem habe ich da nie drunter gelitten, und es gibt bestimmt einige, die beim gleichen Mangel an Geld/Unternehmungen gelitten hätten.


    Inzwischen haben wir keinen Grund zur Klage und sind glücklich. Aber etwas, das mich auch bei der positivsten Einstellung extrem stressen und unglücklich machen würde, wäre, wenn ich nicht wüsste, wo ich am nächsten Tag das Essen für meine Kinder herbekommen sollte. An Stelle meiner Eltern wäre ich wohl nicht so arg glücklich gewesen. Aber falls das bei ihnen so war, haben sie uns das nicht spüren lassen.


    Meiner Ansicht nach ist die Glücksfähigkeit eine notwendige Bedingung für Glück, materieller Wohlstand eine hinreichende - eine ähnliche Aussage wie das schon zitierte "Geld allein macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein".


    Beste Grüße,

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Meiner Ansicht nach ist die Glücksfähigkeit eine notwendige Bedingung für Glück, materieller Wohlstand eine hinreichende


    #confused Bist du sicher, dass der Satz das sagt, was du sagen wolltest?
    Bin gerade unsicher, ob ich dich richtig verstehe. Wenn eine hinreichende Bedingung vorliegt, dann tritt das bedingte Ereignis notwendigerweise ein. #gruebel

  • #confused Bist du sicher, dass der Satz das sagt, was du sagen wolltest?
    Bin gerade unsicher, ob ich dich richtig verstehe. Wenn eine hinreichende Bedingung vorliegt, dann tritt das bedingte Ereignis notwendigerweise ein. #gruebel


    Äääh, Shakes, stimmt wohl, beim Nachlesen hast du Recht, dass das Ereignis bei notwendiger & hinreichender Bedingung eintritt, und das passt nicht zu dem, was ich sagen wollte.


    Was ich eigentlich sagen wollte: Die Bedingung der Glücksfähigkeit muss vorhanden sein, und dann gibt es noch mehrere Wege zum Glück, der für mache eben materieller Wohlstand ist, für andere etwas anderes (Liebe, Kinder, Gesundheit, Zeit, Unabhängigkeit, ...). Aber nicht jeder eigentlich zum Glücklichsein fähige Mensch ist glücklich, wenn er nur genug Geld hat. Ich nehme die hinreichende Bedingung zurück.


    Liebe Grüße,

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Ich finde, dass echte Armut - und damit meine ich Armut gekoppelt an Perspektivelosigkeit - ein ganz schlimmes Los ist. Es macht ängstlich und unfrei. Es schränkt unglaublich ein und beschädigt die Würde des armen Menschen. Daher bin ich der Meinung, dass es Armut an sich nicht geben dürfte. Schon gar nicht in "reichen" Ländern. Aber auch die Armut der Menschen in Schwellenländern dürfte es nicht geben und ist auch nicht notwendig. Es wäre auf dieser Welt genügend Geld da, dass kein Mensch arm sein müsste.


    Daher finde ich gerade die Beispiele, wo Menschen es geschafft haben, der Armut zu entkommen so wichtig und so ermutigend. Hinter vielen Armutsgeschichten stecken negative Glaubenssätze (nicht hinter allen, ich weiß....). Wenn ein Mensch von sich denkt, dass er sowieso nichts Besseres verdient hat, wird er auch nichts Besseres schaffen. Und gerade in Familien, in denen sich die Armut bereits über Generationen erstreckt, sind diese Glaubenssätze wirksam.


    Aber diese Argumentation ist schwierig, weil man dann gleich aus auslegen könnte, dass jeder aufgrund seiner "falschen" Glaubenssätze selbst "schuld" an seiner Armut ist. Aber so ist es nicht gemeint. Man muss das differenzieren: Die Menschen, die sich selbst hinterfragen könne, wo denn ihre Blockaden zu Wohlstand und Erfolg liegen, sollten es schon alleine deshalb tun, um anderen Menschen wiederum Mut zu machen auszubrechen aus ihren negativen Mustern.


    Ich finde das bedingungslose Grundeinkommen auch sehr wichtig und gut, finde es aber ebenfalls wichtig, dass armen Menschen Perspektiven gezeigt werden. Ich glaube fest daran, dass jeder Mensch etwas kann, das andere Menschen brauchen und dafür auch bezahlen würden. Aber wenn der Betroffene gar nicht so weit kommt, darüber nachzudenken, ist es schwierig. Ich finde, es ist in vielen Fällen wirklich auch ein Millieuproblem.


    Ach Mensch, ein schwieriges Thema....

  • Ich senf auch nal mit ohne alles vollumfänglich gelesen zu haben. Ich bin zwar nicht reich, aber durchaus rel. wohlhabend aufgewachsen, meine eltern haben den Markenwahn nicht mitgetragen, ich selbst aber auch nicht weil das bei uns sehr viel später so mit 15 erst Anfing und das der beginn meiner alternativen Phase war. Ich habe mir aber nie gedanken machen müssen, als Kind / Teeni. In den Ferien und auch später neben der Schule habe ich gejobbt und konnte das Geld für mich ausgeben / ansparen etc.
    Als Studentin hatte ich rel. wenig geld von meinen Eltern, ich lag def. unter dem Bafögsatz, vom Geld das meine Eltern mir gaben konnte ich die Miete bezahlen, Telefon, Strom etc. für den rest habe ich gejobbt, ich bin dann mit meinem Freund (dem jetzigen ehekerl) zusammengezogen und damit war die Miete entsprechend geringer. Wenn irgendetwas besonderes war, konnte ich selbstverständlich meine eltern bitten....aber, als Studenten war es für uns ein Abenteuer, mit weniger auszukommen und alle möglichen und unmöglichen Jobs zu machen, es war OK in ner Mini-Butze zu wohnen, und uns ging es prima und ja wir waren (sind es noch) ziemlich glücklich, zeitweise konnten wir mehr und coolerer Urlaube machen als jetzt, weil wir eben nur dafür dann noch mal ne schicht mehr gearbeitet haben oder eben die KielerWoche durchgepowert haben, das war immer sehr cool...ca. 150 h in einer woche, danach war man mausetot und gefühlt steinreich.
    Irgendwie gehörte das damals dazu sich "durchzuschlagen".
    Jetzt sieht das ganz anders aus, ich bin sicher Geld allein macht nicht glücklich, aber es hilft schon ganz enorm, weil es den duck rausnimmt. Natürlich sind mit der zeit auch schlicht unsere ansprüche immer gestiegen, aber jetzt mit den Kindern ist es mir schon sehr wichtig über ein gewisses finanzielles Polster zu verfügen und ich fühle mich da durchaus privilegiert, wiederum sind wir nicht "reich" aber es geht uns vergleichsweise ziemlich gut, wir haben bisher in unserem leben sehr viel Glück gehabt und dafür bin ich dankbar.
    Ich denke die Situationen in denen einige hier sind würden mich "glücksmäßig" ernsthaft überfordern. ich bin kein oberflächlicher Mensch aber ich habe mich über die zeit einfach an ein gewisses Einkommen gewöhnt und es würde mir sehr, sehr schwer fallen da Rückschritte zu machen.
    Zusätzlich denke ich das das Glücklichsein eine frage der Perspektive ist, während des Studiums war -für uns zumindest- ziemlich klar das es weitergehen wird, das da noch "mehr" kommt, das ist finde ich eine völlig andere und nicht vergleichbare Situation als wenn man "jetzt" in einer tatsächlichen Armut festhängt und da einfach kein bis wenig Licht am Ende des Tunnels sieht...ich der Situation "glücklich" zu sein, da gehört , so finde ich schon eine gewisse "Glücksbegabung" zu, das man in teilaspekten des Leben dann Glücklich ist, das kann ich verstehen und nachvollziehen, aber vollumfänglich glücklich...ich weiß nicht ob ich das könnte.


    Kiwi