Punkte-/Belohnungssystem - bin hin und her gerissen ...

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  • Ich würde meinem Kind, wenn es so unbedingt ein paar Glitzersticker haben will, einfach so welche schenken, die müsste es sich nicht verdienen. #weissnicht


    Wenn es die sich selbst dann per Leistung zuteilen will, bitte, ich selber würde es eben nicht wollen. Ich glaub nciht, daß das Kind einen Schaden davon hätte.

  • Sag ich doch. Kann einen ganzen Kalender voll kleben mit Glitzersticker... drin malen... was in Aussicht stellen...


    Ich würde nur einfach weggehen von dieser Leistung.


    Was man noch machen könnte: der Kleinen ist anscheinend das Visualisieren wichtig. Ihr könntet eine Scheibe machen (Pappe) mit verschiedenen smileys drauf und immer mal Wäscheklammern anklipsen, wie man sich gerade fühlt oder wie man das Verhalten des anderen gerade findet oder was man meint, wie es denn anderen gerade geht.

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • #weissnicht Wenn Dein Kind es möchte, würde ich es einfach probieren. Ihr könnt die Listen ja dann auch wieder abschaffen, wenn sie nichts taugen/uninteressant werden. Im Moment will sie offensichtlich diese Form der Rückmeldung oder es einfach nur mal ausprobieren. Ihr müsst das ja nicht auf Ewigkeiten machen - und nach ein paar Tagen/Wochen könnt Ihr über die Sinnhaftigkeit solcher Listen diskutieren. Ich finde, dass sollte man nicht mit "Rabenideologie" angehen.

    • Offizieller Beitrag

    Aber manchmal ist ja so ein bisschen Dressur nicht schlecht. Mein Sohn und ich mussten uns antrainieren jeden Tag ins Hausaufgabenheft zu gucken. Wir haben es meist beide vergessen #schäm
    Also haben wir abgemacht, dass er jeden Tag mir dieses Heft zeigt, dann machen wir die HAs und dann klebe ich ihm einen Goldstern rein.
    Nach 10 Sternen gab es eine Belohnung. Und endlich haben wir es auf die Reihe gekriegt. Wenn ich nicht dran gedacht habe, hat er mich erinnert und wenn er es vergessen hat, ist es mir wieder eingefallen.
    Jetzt hat er mir gesagt, dass er ja schon in die 2. KLasse geht und nur noch nach 15 Sternen eine Belohnung bekommen sollte. #love


    Es ging uns wirklich nur um das Angwöhnen einer Handlung. Reine Dressur, wenn man so will. Aber wir sind wirklich froh, dass wir das nun so gut hingekriegt haben. #ja

    Daroan mit Zottel 01, Zick 03, Zwerg 05 und Sternenkind (98-99)

  • Ja, aber wenn das Kind es kann und einfach nur eine sichtbare Bestätigung dafür haben möchte, dann ist es doch nicht mehr manipulativ, oder?
    Vor allem, wenn man die Punkte zusammen vergibt.


    Das eigentliche Prinzip ist unwürdig, keine frage!


    Und den weg zu gehen um eine gemeinsame Regelmäßigkeit in Handlungen zu bekommen finde ich eine gute Idee, bin nämlich auch so eine Vergessliche.

    „Indianer sind entweder auf dem Kriegspfad oder rauchen die Friedenspfeife. Geschwister können beides.“
    Kurt Tucholsky

  • Wenn man sich bewusst dafür entscheidet, ein bestimmtes Verhalten zu verändern oder zu etablieren, ist die Methode okay.


    Es ist nicht okay, wenn Therapeuten, Erzieher, Lehrer und Eltern das ohne dass Einverständnis des Kindes (welches die Konsequenz oft gar nicht einschätzen kann) machen.
    Wenn ein Kind das fordert, macht man sicher nix kaputt, aber man kann schon mit ihm reden und sagen, warum man das nicht gerne tut.


    Und es ist ein Unterschied, ob ich jemandem was aufdrücke, oder ob ich mir vornehme, jetzt jeden Tag zu joggen und mich nach 10 Tagen mit einem Eis belohne.

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    Einmal editiert, zuletzt von knallgrau ()

  • Wie immer bei dem Thema auch mein Senf, denn ich sehe das anders als die meisten hier.
    Ich habe nichts gegen Belohnungssysteme. Vielleicht nicht im Übermaß, denn dann nutzen sie sich zum einen ab, zum anderen will man ja mit den Kindern auch nicht nur noch über Belohnung wechselwirken. Aber ich habe es bei beiden Kindern zusammengenommen vielleicht 5 mal angewendet, und das hat immer prima funktioniert, und alle waren glücklich.


    Und da du das Thema explizit erwähntest noch meine erste Erfahrung mit Belohnungssystemen: Als ich selbst 6 war, habe ich noch sehr oft nachts ins Bett gepullert, weil ich träumte, ich säße auf dem Klo. Meine Eltern gingen dann mit mir zu einem Psychologen, und das einzige, woran ich mich erinnere, ist, dass er mir für jeden "Sonnentag" ein Gummibärchen versprochen hat. Nach dem Gummibärchen-Termin war das Thema Bettnässen abgehakt. Was ich rückblickend extrem erstaunlich finde, weil auch ich denke, dass das eigentlich ja nichts vom Willen gesteuertes ist. Ich habe auch keine Ahnung, ob das bei jedem Kind funktionieren würde. Aber ich bin echt dankbar, dass es bei mir so gut geklappt hat.


    Beste Grüße,

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Ich finde solche Systeme auch ab und zu gar nicht so schlecht, vorausgesetzt, die Kinder wollen es gern und es findet in einer liebevollen, wertschätzenden Atmosphäre statt. Im Prinzip ist das ja nur sichtbar gemachtes Lob. Das Kind kann anhand der Masse an Stickern ablesen, was es schon alles erreicht hat. Wenn dann noch ne Belohnung zum Schluss drauf kommt, die für Eltern und Kind schön ist, kann das ein schönes Erlebnis werden.


    Aber wie so oft im Leben kommt es auch hier darauf an, wie man dieses Werkzeug "Belohnungssystem" einsetzt.

  • In etwa diesem Alter wollten meine Kinder sich unabhängig voneinander alle etwas "selbst erarbeiten". Ob eine Belohnung über ein Smily-System (meine Tochter kannte das von einer Freundin) oder ein selbstfinanziertes Spielzeug, wofür man anfing, auszuhandeln, ob gewisse kleinen Aufgaben nicht ein wenig Geld einbringen.


    Ich finde das ehrlich gesagt ganz prima - noch dazu, wenn es vom Kind ausgeht.
    Es ist doch eine tolle Erfahrung, zu wissen, dass man sich etwas selbst erarbeitet hat #weissnicht Und ein schöner Lerneffekt, weil man sieht: Man kann Einfluss darauf nehmen und dabei zusehen, wie schnell das Ziel erreicht ist.


    Ich glaube, meine Kinder wären enttäuscht gewesen, hätte ich gesagt: Ach weißt du was, dein Plan war zwar, dir das (mit Smilys) zusammenzusparen, aber ich schenke dir das jetzt einfach so.
    Es geht bei so einem Wunsch doch vermutlich eben darum, das Gefühl zu bekommen, selbst etwas zu "erarbeiten". Das hat dann mit Dressur imA überhaupt nichts mehr zu tun.


    PS: Meine Tochter brauchte (als sie älter war) übrigens dringend eine Motivation, die Hose trocken und sauber zu halten. Das war ihr nämlich prinzipiell komplett egal, sie hat sich nicht daran gestört - warum hätte sie ohne Anreiz etwas ändern sollen?

    Es gibt überall auch Gutes in der Welt.
    Selbst RTL hat Ninja Warrior!


  • Vielleicht hat ihr eine Kita-Freundin von so einer Liste erzählt und sie fand die Aussicht auf Sticker/Schwimmbadbesuche etc. einfach schön?
    Vielleicht ist sie auch in dieser Phase, in der Kinder alles gerne geregelt, haarklein dokumentiert und gegeneinander aufgerechnet sehen wollen?
    Meine ältere Tochter hatte so eine Phase im Vorschulalter und die jüngere schliddert jetzt (4;3 J.) gerade rein. Ich werde täglich aufgefordert, Raster zu malen und sie kreuzt nach einem undefinierbaren System irgendwas an und dann bekommt man einen Punktestand (inkl. Lob oder Standpauke :D) mitgeteilt. 8)


    Eine Wetterliste wäre doch ein Ausweg: Und nach zehn Regentagen zum Trost Eis essen zu gehen, ist für alle schön :)


    Das schließe ich mich mal an. Meine Kinder hatten auch solche Phasen. Und glaub es oder nicht, sie haben sie teilweise immer noch.
    Ich hab ja so komische Kinder, die alles immer klar strukturiert und reglementiert haben WOLLEN.


    Ich würde das auch nicht so dogmatisch sehen. Einfach mal ausprobieren. Du siehst ja selbst, dass sie dir mit dem schwarzen Punkt etwas zeigen wollte, was sie evtl. sprachlich noch nicht so gut ausdrücken kann, wie sie möchte. Vielleicht hilft es ihr, die Dinge zu visualisieren?


    Gruß

  • Meine Tochter bestand mit fünf Jahren auf einer Liste für trockene Nächte. Obwohl sie damals schon drei Jahre zuverlässigst nachts trocken war. Diese Liste war völlig sinnlos. Aber: Das Sternchen-Malen war jeden Morgen eine Art heiliges Ritual. Nach ein paar Tagen war der Spuk vorbei. Hätte ich da ein Drama drum machen sollen?


    Gestern fiel ihr ürbigens auf, dass sie jetzt aber mal richtig Vokabeln lernen muss, da hat sie sich selbst eine Art Punktesystem erarbeitet, anhand dessen sie sich ein Wiedervorlage-Prinzip für selbstgemachte Vokabel-Kartei-Karten überlegt hat. So ähnlich wie eine Lernwörterkartei, das kannte sie ja noch aus der Grundschule. Und dass die grün markiert/ganz nach hinten gerutschten Vokabeln immer mehr wurden, hat sie als Bestätigung angesehen. Das Prinzip ist dasselbe, aber niemand käme auf die Idee, ihr den Karteikasten wegzunehmen und zu dozieren, dass die Gefahr der Konditionierung wirklich zu groß sei und dass ich ihr lieber für ihre Bereitschaft, die Wichtigkeit von Vokabeln anzuerkennen, ein Lächeln schenke. #weissnicht


    Wenn ich anfange, meinen Kindern ein unnatürliches Verhalten über Konditionierung anzutrainieren, das ist was ganz anderes. Aber das steht ja in diesem Thread nicht zur Diskussion.

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • Ich finde solche Belohnungssysteme auch doof, genau aus den genannten Gründen. Nun werden Kind und ich damit täglich konfrontiert. Im Schulalltag ist das nämlich gang und gäbe. Wie geht ihr denn damit um? Wie positioniert ihr Euch ohne das Kind zu verunsichern. Klar ist, ich werde das in der Schule nicht abstellen können.


    Danke für alle Hinweise!
    Pony

    Life is a mountain - ride it like a wave

  • Ich würde meinem Kind, wenn es so unbedingt ein paar Glitzersticker haben will, einfach so welche schenken, die müsste es sich nicht verdienen. #weissnicht

    zum einen glaube ich nicht, dass es dem kind bloß um ein paar sticker geht - zum anderen *möchte* sie sich die ja gerne verdienen.


    daran kann ich jetzt mal nichts falsches finden.


    ich halte das auch für altersgemäß. "etwas richtig machen" wollen und "etwas sinnvolles schaffen" - passt nach erikson total in die phase.


    Wenn es die sich selbst dann per Leistung zuteilen will, bitte, ich selber würde es eben nicht wollen. Ich glaub nciht, daß das Kind einen Schaden davon hätte.

    ich lann mir aber gut vorstellen, dass das kind die eben von der mama haben will - als sichtbare form der anerkennung.
    es geht ums gelobt und gesehen werden.


    ich fionde es toll, dass das kind das so klar kommuniziert, ich würde mich nicht verweigern (auch wenn ichs sinnlos fände).

    Denn Gott in seiner Weisheit hat es den Menschen unmöglich gemacht, mit Hilfe ihrer eigenen Weisheit Gott zu erkennen.
    Stattdessen beschloss er, alle zu retten, die einer scheinbar so unsinnigen Botschaft glauben. 1 Kor 1,21

  • Hallo,

    ich lann mir aber gut vorstellen, dass das kind die eben von der mama haben will - als sichtbare form der anerkennung.
    es geht ums gelobt und gesehen werden.


    ich fionde es toll, dass das kind das so klar kommuniziert, ich würde mich nicht verweigern (auch wenn ichs sinnlos fände).

    Na ja, Kinder wollen manches, was ich nicht möchte. Das ist so. (Punktesystheme wollten meine allerdings tatsächlich nie)
    Ich würde erst mal schauen, wo es herkommt und was dahintesteckt. Ich halte es für unwahrscheinlich, daß sich ein Kind in dem Alter komplett selber ausdenkt, daß es für gezeigte Emotionen "Strafpunkte" gibt.


    Was möchte es? Anerkennung? Die kann es auch anders haben. Punkte statt persönlicher Anteilnahme würde sich für mich falsch anfühlen.
    Der Wunsch nach Stickern? Die kann es bekommen. Eine sichtbare Liste? Die kann es sich selber anlegen.


    Hat sie ein konkretes Ziel, daß sie von sich aus erreichen möchte? Dann können wir schauen, wie sie dabei unterstützt werden kann. Ich könnte mir vorstellen, daß wir da ein paar Ideen jenseits einer Punkteliste hätten.
    Will sie für normales Alltagsverhalten bepunktet werden? Dann könnte ich denke ich ganz gut erklären, warum ich so was nicht mag. Es steht dem Kind aber frei, es für sich zu tun.


    Ich muss nicht jedes "Spiel" mitmachen. Meine Jungs hätten es auch toll gefunden, wenn ich mit ihnen ballernd durch den Garten gejagt wäre. Mag ich aber nicht und darum habe ich es nicht gemacht. Sie durften aber. Sie haben denke ich keinen Schaden davongetragen.
    Und so denke ich, daß ein Kind auch keinen Schaden erleidet, wenn man ihm nett erklärt, warum man diese Punktesystheme furchtbar findet und es darum auch nicht als "Spiel" mitmachen möchte und mit ihm gemeinsam nach Alternativen sucht.

  • Trin,
    ich finde, es macht einen Unterschied, ob man sagt [Achtung, überspitzt ;))]


    "Weißt du, ich spiele echt gerne mit euch, aber ich hasse Fußball wie die Pest, das halte ich nicht mehr als fünf Minuten durch, da könnt ihr besser den Papa/die Oma/wenauchimmer fragen."


    oder ob man sagt


    "Fußball spiele ich nicht mit euch, denn ich halte es für falsch, sich gegeneinander anzugehen oder jemandem den Ball wegzunehmen. Das finde ich fürchterlich. Wenn es euch um die Bewegung geht, könnt ihr aber mit mir zusammen ein bisschen Yoga machen. Und wenn ihr gerne einen Wettbewerb machen möchtet, können wir ja schauen, ob ihr mal um die Wette Socken sortieren wollt."


    Alle Eltern sind von dem ein oder anderen Spiel extrem genervt (bei mir: Kaufladen #yoga), deshalb werte ich das aber nicht ab und maße mir an, das Bedürfnis dahinter auf jeden Fall herausschälen und befriedigen zu können.

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • Hallo,


    Das stimmt. Und sowohl vom rumballern als auch von Menschen bepunkten bin ich nicht nur etwas genervt sondern ich finde beides nervig und zusätzlich geht es über meine ethischen Grenzen.


    Aber ich verbiete es meinen Kinder nicht, sie dürften sich genere selber bepunkten oder jemanden anderen darum bitten.


    Habe ich nun die "richtigen" Gründe, um abzulehnen? Wenn nicht, müsse mein Kind trotzdem damit leben, daß es Spielinhalte gibt, die ich komplett ablehnen würde, ich würde auch nicht "Kinder in die Ecke stellen" o.ä. mitspielen.


    Eine Schulklasse sagte mal zu mir, als es etwas lauter war und ich wartete, bis ich reden konnte: "Da müssen sie uns eben mal richtig anschreien!". Das kam mehrmals und war total ernst gemeint. Auf meine leise Stimme zu hören, war ihnen offenbar (zumindest anfangs) anstrengender.
    Öhm, ja... hätte ich nun auf den Wunsch der Kinder eingehen sollen und es als "Spiel" mitmachen? Weil sie es so wollten? Obwohl mir anschreien zuwider ist (ähnlich zuwider wie Menschen zu beunkten)
    Mein Weg ist es eben nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Trin ()

  • Oh wow, also ... für solche Diskussionen liebe ich das Rabenforum ja. (Was habe ich da nur wieder angerichtet ... #augen ) Ist echt lustig zu sehen, wie ihr hier schön das Engelchen und das Teufelchen auf meinen beiden Schultern vertretet. Ich sehe schon, die Entscheidung muss ich mal wieder alleine treffen ... ;)


    Also: Ich habe alle eure Beiträge und Einwände gelesen und mir auch meine Gedanken dazu gemacht, und es waren einige wirklich sehr gute Aspekte dabei, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Und ich habe gestern Abend auch mit meinem mann über das Thema gesprochen (der ein ganz klein wenig beleidigt war, dass ich mich mit solchen Erziehungsfragen erst an ein anonymes Forum wende, bevor ich zu ihm komme ... #schäm ). Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir den Wunsch unserer Tochter nicht überbewerten sollten und es eigentlich doch gar nicht nötig haben, solche Ängste vor "Fehlentscheidungen" zu haben. Erziehung funktioniert eigentlich immer nach dem "Try and Error" Prinzip, es gibt eben keine allgemeingültigen Regeln, die für alle Kinder und alle Familien gelten. So auch mit dem Belohnungssystem: Für die eine Familie kann es passend sein, für die andere nicht. Und im Prinzip muss man da ein Stück weit dem eigenen Bauchgefühl (und dem Kind!) vertrauen und manche Sachen auch einfach mal ausprobieren. Und wenn man merkt, dass es in die falsche Richtung geht, unerwünschte Auswirkungen hat oder sich einer der Beteiligten nicht wohl damit fühlt, dann lässt man es eben wieder.


    Ich denke, entscheidend ist, WARUM wir es machen und mit welcher Grundhaltung dahinter wir an die Sache rangehen. Wenn es NICHT mein Wunsch und Ziel ist, mein Kind mit einem solchen Punktesystem zu konditionieren, dann kann ich damit doch eigentlich auch nicht so viel Schaden anrichten. Und ich glaube es ist auch was dran, dass das einfach eine normale Entwicklungsphase bei Kindern ist, meine Tochter ist im Vorschulalter, da passt das sehr gut rein. Eine erste spielerische Form der "Benotung" ist für sie auch eine Vorbereitung, ein "Training" für die Schule. Und ich glaube, dass ihr das grad wirklich wichtig ist, sie es vielleicht sogar braucht.


    Dann kommt auch der Aspekt dazu, dass Kinder eben unterschiedlich sind und auf unterschiedliche Reize reagieren, und meine Tochter vielleicht tatsächlich mehr der visuelle Typ ist als mir das bisher bewusst war.


    Was heterocephalus glober gesagt hat (btw: Kannst du dir nicht mal einen einfacheren Namen zulegen? *knotenausdenfingernsortier*), hat mich ebenfalls nachdenklich gemacht: Es ist schon fast respektlos, wenn ein Kind sich von sich aus anstrengen und sich eine Belohnung verdienen will und ich ihr diesen Erfolg wegnehme, indem ich ihre Anstrengungen einfach übergehe und ihr die Belohnung schon vorher bzw. einfach so gebe. Dadurch verlieren manche schönen Dinge an Wert. Dass man sich auch etwas erarbeiten / verdienen muss, ist ein wesentlicher Lerneffekt im Leben.


    Ich kann mir übrigens sehr gut vorstellen, dass sie tatsächlich alleine auf diese Idee gekommen ist. Zumindest traue ich ihr das durchaus zu, sie ist unheimlich kreativ, gerade wenn es darum geht, Lösungen zu finden, da hat sie mich schon einige male beeindruckt. Sicher wird sie auch ein Stück weit von ihren Freunden beeinflusst. Was aber auch ein Aspekt sein könnte: Mein Mann und ich machen seit einigen Wochen WeightWatchers und unsere Tochter bekommt natürlich mit, dass wir ständig Punkte zählen, uns über Punkte unterhalten, uns auch mal bestimmte Dinge verkneifen mit dem Hinweis darauf, dass das zu viele Punkte hat, oder dass wir uns eben auch Punkte dazu verdienen können, etwa durch Sport.


    Man kann sich jetzt natürlich drüber streiten, welche Auswirkungen das auf das Ernährungsverhalten unserer Tochter haben könnte. Aber ich kann und will auch nicht alles vor ihr geheim halten, im Gegenteil. Wir haben ihr das denke ich recht plausibel erklärt: Kinder brauchen viel Energie, weil sie ja noch wachsen müssen. Wir Eltern sind aber schon ausgewachsen, wir werden nicht mehr größer, wir werden leider nur noch dicker, wenn wir zu viel Essen. Essen ist gut und toll und gehört dazu und sollte immer auch mit Genuss verbunden sein. Aber es ist sinnvoll, wenn man mit Verstand genießt und sich auch bewusst macht, dass überschüssige Energie auch wieder verbraucht werden muss. Will ich also mehr essen, muss ich im Gegenzug auch mehr Sport machen. Darum muss ich mir bei unserer Tochter aber beileibe keine Sorgen machen: Sie ist sehr sportlich und gleichzeitig auch ein guter Esser. Das passt also alles.


    Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass sie für sich selbst auch deshalb ein eigenes Punktesystem will, weil halt auch Mama und Papa grad ständig Punkte zählen. Sie bekommt grad eine Ahnung davon, dass das eine Art "Währung" ist, die man sich verdienen aber auch wieder ausgeben bzw. für bestimmte Belohnungen einlösen kann. Und da fände ich es nur fair und gerecht, ihr eine solche Möglichkeit auch zu bieten, wo sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten eigene Punkte verdienen kann.


    Sie ist grad auch ganz scharf auf jede Form von Abzeichen, schlug z.B. auch vor, dass sie statt Eis oder Zoobesuch für die verdienten Punkte ja auch einen Pokal bekommen könne (das ist doch schon wieder richtig süß, oder?), sie trainiert grad auch ehrgeizig für das Seepferdchen-Abzeichen, war stolz wie Oskar, als ich ihr das Froschabzeichen auf den Badeanzug genäht habe und hat auch schon gleich ausgesucht, wo noch Platz für das Bronze-, das Silber- und das Goldabzeichen ist. 8)


    Sprich: Ich glaube wirklich, dass sie solche Ziele und greifbaren Verdienste grad braucht und fände es falsch, ihr das aus missverstandenen moralischen Prinzipien heraus vorzuenthalten.


    Ich werde also heute Nachmittag mit ihr ein großes Plakat kaufen und gemeinsam eine Einteilung überlegen und ein paar "Regeln" aufstellen, wofür es Punkte gibt. Zusätzlich fände ich es nett, auch noch solche "wertfreien" Attribute wie das Wetter festzuhalten oder ein Emoticon für ihr jeweiliges Befinden. So eine Drehscheibe mit traurigen und lachenden Smilies drauf haben wir hier auch schon, die hat sie letztes Jahr mal gebastelt und auch eine Zeit lang gerne verwendet. Ich denke, die Zeit ist reif für ein Kalendersystem.


    Es macht auch mir grad bewusst, dass wir ruhig ein paar klare Regeln in der Familie etablieren können. So sollte ich anfangen, meine Tochter in den Terminplan mit einzubeziehen (Montags Tanzen, Donnerstags Turnen, Freitags Schwimmen, ...), wir können Stück für Stück einen "Haushaltsplan" einführen und gemeinsam festlegen, wer welche Aufgaben übernehmen kann, und ganz wichtig: Bisher waren Geschenke, Ausflüge oder sonstige Überraschungen tatsächlich eher eine "Selbstverständlichkeit" bzw. wurden aus einer Laune heraus entschieden. Dadurch habe ich ihr die Möglichkeit genommen, sich etwas zu erarbeiten oder auf etwas zu freuen. Und ich laufe Gefahr, meine Tochter auf diese Weise zu einem "typischen, verwöhnten Einzelkind" zu erziehen, das sich nicht anstrengen muss, weil ihm eh alles zufliegt.


    Ihr Wunsch nach leistungsorientierter Anerkennung hat also auch mich zum Nachdenken gebracht. Bisher habe ich immer darauf geachtet, meiner Tochter Zeit zu geben für ihre ganz individuelle Entwicklung, nicht zu viel Druck auszuüben, sie nicht zu überfordern. Ich denke ich sollte auch mal mehr darauf achten, sie nicht zu UNTERfordern sondern anzuspornen und zu motivieren. Das, was meine Tochter da auf ihre ganz eigene und wunderbare Weise versucht mitzuteilen, ist nichts anderes als gesunder, sportlicher Ehrgeiz. Und jetzt sagt mir doch bitte noch mal, warum ich das unterbinden sollte? :)

    Es gibt nichts das höher, stärker,
    gesünder und nützlicher für das Leben ist,
    als eine gute Erinnerung aus der Kindheit.

    - Fjodor M. Dostojewskij -

  • Wie viele meiner Vorschreiberinnen, finde ich auch solche Punktebelohnungssysteme doof, aber:


    wir haben das eine Zeitlang auch gemacht. Grund bei uns war, dass meine Große gerne ohne Windel schlafen wollte, ich aber ganz verzweifelt war von nächtlichen Bettenüberziehen, Umziehen, Schwester damit aufwecken,... und daher gesagt habe erst nach einer Anzahl x trockener Nächte. Wir aber jeden Abend wieder darüber uneinig waren, wieviele trockene Nächte es waren.
    Also gab es einen Kalender mit Aufklebern. So hatte sie selbst eine Übersicht darüber. Irgendwann ist das Interesse wieder abgeflaut und wir haben es nicht weiter verfolgt.


    Von daher, wenn sie es gerne möchte, wie wäre es denn wenn sie das selber entscheiden darf. Wann sie einen Stern einklebt oder etwas malt und ihr es Euch einfach zusammen anschaut. Vielleicht will sie es schwarz auf weiß haben, wie toll sie ist. So eine Art schriftliches Feedback.
    Menschen sind ja unterschiedlich, ich mag Sachen auch lieber mit den Augen sehen, als mit den Ohren hören, dementsprechend kann ich es nachvollziehen, dass sie das Lob vielleicht einfach überhört.


    Edit:
    zu langsam geschrieben und Deinen letzten Beitrag daher zu spät gelesen. Aber genauso meinte ich es auch, wie du es geschrieben hast, (ohne genauere Hintergründe mit Weight Watchers zu kennen).

  • Finde ich sehr gut durchdacht von dir.


    Ich selbst habe diese Belohnungssystem aus den hier auch genannten Gründen meistens abgelehnt. Insbesondere, wenn sie nur dazu dienen sollten, ein unerwünschtes Verhalten abzustellen.
    Meistens kam dieser Vorschlag ohnehin von außen, von Leuten, die wenig Ahnung davon haben, wie meine Kinder ticken.


    Um so überraschter war ich dann, als das von meinen Kindern selbst kam.
    Aber meine Kinder können das auch ziemlich gut erklären. Die Kinder machen sich hier selbst für diverse Dinge sog. Motivationspläne, die sie eigenständig führen.
    Mein Sohn L. hat es mir mal sehr plausibel für sich erklärt. Er sagte, er kann dann auf so einen Plan gucken und sehen, was er geschafft hat. Es sei übersichtlich und man kann es auf einen Blick sehen.


    Derzeit führt er so einen Plan fürs Lesen, womit er sich extrem schwer tut. Das war seine Idee und am Ende steht durchaus eine Belohnung. Und zwar, von unserer Seite aus, egal, ob der Plan in seiner Übersichtlichkeit mehr traurige Smilies als lachende hat. Die Belohnung gibt es für die Mühe. Und das ist ihm so recht. Belohnung ist übrigens immer etwas, das nicht materiell ist. Ebenfalls selbst gewählt von meinem Sohn. Also eine Unternehmung oder gar die Tatsache, dass an einem Tag ich ihm vorlese statt umgekehrt.


    Anderer Sohn braucht solche visuellen Übersichten dafür, weil seine eigene Wahrnehmung sich nicht immer mit der Wahrnehmung der Außenwelt deckt. Sie hilft ihm einfach zu sehen, wo er Grenzen von anderen Menschen gestreift oder übertreten hat. Da gibt es übrigens gar keine Belohnung oder dergleichen. Einfach nur eine visuelle Übersicht für ihn, die er so wollte.


    Die Dinge sind nicht immer schwarz und weiß. In unserer Kinderwelt hier sind sie bunt.


    Liebe Grüße

  • Manna, ich denke, es spricht nichts dagegen, dass sich Deine Tochter für Dinge belohnt, auf die SIE stolz ist und die für sie mit Anstrengung verbunden sind. Wenn Deine Tochter für Sachen belohnt werden will, die sie tut, damit DU stolz bist, ist das eine andere Kiste, finde ich. Dann würde ich mir Gedanken darüber machen, ob sie genug Anerkennung (und nicht Lob oder Belohnungen) erhält. Wenn Punktesystem, dann würde ich sie das ganz alleine machen lassen und mein eigenes Urteil da raus lassen. Sie kann sich doch selbst Sticker aufkleben, Smilies malen oder was auch immer. Und dann würde ich einfach nur abends darüber sprechen, worauf sie stolz ist, was ihr an dem Tag Spaß gemacht hat und was nicht. Ganz wertungsfrei Deinerseits.

    "Guck mal, hier ist ein bisschen Grün für Deine Kaninchen."
    "Mama, die essen nur Blau!"