Bundesjugendspiele -Auskotzposting

Ich war dieses Jahr mal als Helferin bei den Bundesjugendspielen dabei. Nach den Erfahrungen in der 1. Klasse, wo die BJS jeweils die Premiere auf dem Sportplatz war, und meine Tochter in der Sonne gebraten und frustriert zurück kam, hat sie in der 3. Klasse ausgesetzt, weil sie ein paar Tage vorher schon einen Sonnenstich hatte. Den Tag haben wir sehr genossen

Also dieses Mal war ich dabei - und es war richtig nett. Die Lehrerinnen waren entspannt, die Kinder haben den riesigen Sportplatz genossen, das Wetter war perfekt, die Eltern freundlich. Ein wunderschöner Sommertag für alle. Nur die Urkunden hinterher zerstören diese Harmonie in der Erinnerung. Immerhin hat die aktuelle Lehrerin die Teile so ausgegeben, dass meine Tochter nicht zusätzlich gekränkt war. Bei unserem Erstklässler gab es anscheinend keine Urkunden, jedenfalls hat er nichts davon erzählt und ich will das auch nicht wichtiger machen, als es ist.

Was ich eigentlich sagen will: Sportfest ist nett, BJS mit den strikten Tabellen ist doof. Aber es hilft, wenn wohl gelaunte Eltern sich beteiligen.

Zitat von krebbel

Denn: Klar, die Kinder sind so unterschiedlich. Der eine "gewinnt" beim Lesetest oder den Vorlesewettbewerb, oder bei Kängeruh-Mathematik oder sonstwo, wieder ein anderer ist toll in Leichtathletik (oder Turnen, im Winter). Damit sollten Kinder klarkommen lernen. Das gehört zum Leben dazu. Und ehrlich gesagt finde ich, dass bei uns überhaupt kein Wert auf Wettbewerb gelegt wird. Die Bundesjugendspiele gibt es erst ab 3. Klasse und sie sind idR nicht gut vorbereitet. Wer da nicht von "Natur aus" in den Disziplinen gut ist, der hat halt weniger Punkte.

Nein Krebbel, es gibt keine anderen Wettbewerbe bei denen jedes Kind antreten muss und für seine Performance Punkte bekommt und die Punkte in einer Urkunde nachhause trägt. Hier ist die Teilnahme an anderen Wettbewerben freiwillig (was ich auch gut finde).
So gibt es z.B. in der Stadt einen Minimarathon - hier ist die Teilnahme freiwillig, aber sehr viele Kinder machen mit. Sie laufen ins Stadion ein, die Zeit wird gemessen, alle kriegen eine Urkunde (mit der gelaufenen Zeit). Auch dieser Lauf hat Wettbewerbscharakter, aber die Rahmenbedingungen sind so, dass die meisten Spaß daran haben.

krebbel
Naja, bei uns an der Schule wurde bei sowas leider überhaupt nicht durchgegriffen. Und wir hatten erschreckenderweise einige Lehrer, die sich dem Spott angeschlossen hatten und das ebenso witzig fanden.
Mein eigener Sportlehrer war auch so ein Idiot. Der hat dann neben der 50, bzw. 75m Bahn gestanden und so Kommentare wie "Noch langsamer und der läuft rückwärts" oder "Bei so viel Speck würd ich auch nicht vom Fleck kommen" abgelassen, nur damit er unter den Klassenproleten der beste Kumpel und die coolste Sau unter den Lehrern ist.
Wir hatten auch einige Lehrer, die fleißig mitgemobbt haben. Nach dem Motto: Wer sich mobben lässt ist selber Schuld... oder (das wurde mir mal von einer "Lehrerin" gesagt, als ich mich mal beschwert habe) "Es wird doch sicher seine Gründe haben, dass die dich ärgern"

Hier gab es letztens auch bittere Tränen, weil sie eine Teinehmer- statt Siegerurkunde bekam. Am blödesten finde ich, dass kein einziges mal geübt wurde. Im Sportunterricht(2. Schuljahr) wurden ausschließlich irgendwelche Gruppenspiele gemacht. Zuerst hieß es, die BJS finden nicht statt, weil der Sportplatz gerade saniert wird(freu), dann hörten wir 3 Tage vorher, dass sie auf einem anderen Sportplatz stattfinden. Wir Eltern haben 2 Tage vorher versucht, ihr etwas werfen beizubringen und das Prinzip von Weitsprung(sie wusste erst noch nicht mal worum es geht). Hat nicht gereicht und die Enttäuschung war sehr, sehr groß. Sie will jetzt sogar in ein Leichtathletik Verein gehen, damit sie nächstes Jahr eine Urkunde bekommt. Gefällt mir nicht so sehr, denn es ist nicht gerade um die Ecke. Wenn so etwas statt findet, dann sollten doch auch die Techniken geübt werden. Als Kind hatte ich immer das Glück eine Urkunde zu bekommen, allerdings kann ich mich auch erinnern, dass wir dafür geübt haben.

Zitat von pristolie

Nein Krebbel, es gibt keine anderen Wettbewerbe bei denen jedes Kind antreten muss und für seine Performance Punkte bekommt und die Punkte in einer Urkunde nachhause trägt. Hier ist die Teilnahme an anderen Wettbewerben freiwillig (was ich auch gut finde).

exakt. hier ist es auch so.

und "leistung" ist in intellektuellen/kognitiven bereichen ja sinnvoll. im sportlichen bereich dagegen ist spaß sinnvoll. man kann nämlich - mit zweifelhaften folgen für die gesundheit - dem sport im späteren leben vollständig ausweichen. ich finde es daher wichtig, bei kindern und jugendlichen spaß daran zu wecken, damit sie sich freiwillig körperlich betätigen. "leider verkackt, aber nett, dass du da warst" hilft da m.e. nicht so wirklich.

ich selber habe schon auch etwas spaß daran, in meinem bescheidenen rahmen ehrgeizig zu sein bei sportlichen betätigungen. würde ich mich aber mit anderen vergleichen (ich schwimme immer mit einer DLRG-rettungsschwimmerin; wenn diese in 40 min. 2 kilometer abgerissen hat, habe ich gerade mal EINEN geschafft), dann wäre direkt matthäi am letzten und ich würde NIE mehr ins wasser gehen. wenn ich aber selber meine zeit stoppe und mich freue, dass ich wieder 5 min. gutgemacht habe auf meinen üblichen kilometer, dann gibt mir das was. SO kann es doch funktionieren!

und nein, ich finde nicht ansatzweise, dass man sport mit anderen fächern in der schule gleichsetzen kann und sollte. auch nicht mit kunst und musik. ich bin zeichnerisch etc. unbegabt, aber ich hatte trotzdem in kunst immer gute noten. und auch unmusikalische mitschüler/innen konnten in musik locker auf eine 2 kommen mit persönlichem engagement, wissen und lernen.

lg patrick

Zitat von marjolaine

ich war auch immer die einzige mit teilnehmerurkunde, im turnen bin ich jedes jahr wieder 1 punkt an der ehrenurkunde vorbeigeschrappt. scheiss dezembergeburtstag und arschlehrer, der mir reck und parallelbarren verboten hat

Jepp, DAS fand ich auch immer ungerecht: Durch Novembergeburtstag galten für mich schwierigere Listen, obwohl ich die Kleinste in der Klasse war Das war aber auch bei der normalen Benotung so. Keine Urkunden und von der Drei kam ich erst in der Kollegstufe weg als man Sportarten wählen durfte.

Das Blödeste an der Sache finde ich halt, dass eher "unsportlichen" Menschen der Spaß an regelmäßiger Bewegung vermiest wird. Ziel des Sportunterrichts müsste doch eingentlich sein, dass jeder was für sich findet, was Spaß macht, so dass man sich gerne bewegt und nicht zur Couch Potatoe wird. Und das leistet der Sportunterricht meiner Meinung nach nicht.

Patrick, da hätte ich ja direkt bei Dir unterschreiben können - gleicher Gedanke zur gleichen Zeit

Zitat von Milk

Da kann ich Wort für Wort unterschreiben! Dass ich echt sportlich sein kann, habe ich erst lange, lange nach dem Schulsport und den damit verbundenen Bewertungen gemerkt.

Hier genauso. Jetzt fühle ich mich sogar eher sportlich, weil ich die 7,5 km zur Arbeit so oft es geht mit dem Fahrrad mache.

Ich kenne das gar nicht. Gabs das früher auch im Westen? Ich war auf ner waldorfschule, wir haben da nie mitgemacht. Und an der Schule meines Sohnes gibt es das auch nicht.
Machen da alle staatlichen Schulen gezwungenermaßen mit? In ganz Deutschland?

huhu,

ich habe das jetzt nicht alles gelesen..

kann aber sagen, das ich die bjs gehasst habe.
ich habe in 6 jahren nie eine urkunde bekommen.
leichtathletik war nicht meine stärke....
zudem hatten wir einen lehrer, der den sportassen alles hat durchgehen lassen und den mädelns am liebsten über den bock geholfen hat

und das ich in einer randsportart deutsche meisterin geworden bin....hat nie jemanden interessiert

Zitat

die BUNDESjugendspiele gab es meines Wissens nach nur in der BUNDESrepublik Deutschland.

Ich glaub, die Teilnahme der staatlichen Schulen ist freiwillig?

Stimmt. Irgendwie kam mir das beim lesen gleich so ostig vor. Und da ich als Wessi es nicht kannte... Böses Vorurteil.

Sportnoten wurden bei uns generell nicht unbedingt nach "Leistung" verteilt. Daher habe ich mich immer unsportlich und unfähig gefühlt, obwohl ich das rückblickend definitiv nicht bin/war.

Note 1: Leute im "richtigen" Sportverein (Handball/Volleyball im Schulverein)
Note 2: Schlanke, aber eher unsportliche, die gut schleimen konnten
Note 3: Leute in Vereinssportarten ohne Ansehen (Fechten, Rudern...)
Note 4: Alle mit falschen Sportarten (reiten, Ballett) oder vermeintlich "Übergewichtige" (alles ab Größe M)

Da war es dann echt wurscht, ob man da war oder nicht. Bundesjugendspiele war eine ähnliche Qual, die einem regelmäßig die Noten noch mehr versaut hat. Und als Standard der Spruch "Na, streng dich eben mehr an. Wer faul ist kriegt nicht die richtigen Urkunden!"

Was ich rückblickend bescheuert fand: ich war nie unsportlich. ich habe Ballett getanzt und bin zu der Zeit ganz gut geritten.
Trotzdem hatte ich in Sport ne knappe 4 und bei den BJS immer die Teilnehmerurkunde (übrigens mit Punkteanzahl drauf, damit auch klar war, dass ich immer letzte war). Und DAS hat bei mir vollkommen ausgereicht, um mir zu sagen: "Sportverein? Also, Basketball würde mich ja interessieren ... aber mit ner 4 in Sport brauch ich da doch gar nicht hingehen."
Eine Freundin von mir, die mollig war, argumentierte so ähnlich. Sie hatte großes Interesse an Fußball. Aber Fußballverein? "Nee, ich bin schlecht in Sport."
Natürlich war das dösig, aber als Kind/ Jugendliche(r) ist man dösig.

Die sch... Benotungen verhindern jegliches Interesse bei denen, die es "am nötigsten" hätten.

Zitat von Uschi

..Machen da alle staatlichen Schulen gezwungenermaßen mit? In ganz Deutschland?

Ich war auf einer deutschen Schule im Ausland und ja, wir hatten sie auch, die doofen Bundesjugendspiele. Ich war überhaupt nicht unsportlich - viel Fahrrad und sehr viel Ballett - in Leichtathletik aber eine absolute Niete.

Am Tag nach den BJS wurde eine lange Liste mit den Ergebnissen an die Betonkolonnen im Eingang gepinnt, sortiert nach Punkten. Mein Name war immer am Ende der Liste, unter den Letzten. Urkunde: keine.

Ich habe es gehasst!

Zitat von Ohnezahn

"Sportverein? Also, Basketball würde mich ja interessieren ... aber mit ner 4 in Sport brauch ich da doch gar nicht hingehen."
Eine Freundin von mir, die mollig war, argumentierte so ähnlich. Sie hatte großes Interesse an Fußball. Aber Fußballverein? "Nee, ich bin schlecht in Sport."
Natürlich war das dösig, aber als Kind/ Jugendliche(r) ist man dösig.

Die sch... Benotungen verhindern jegliches Interesse bei denen, die es "am nötigsten" hätten.

das ist überhaupt nicht dösig, sondern NORMAL und bei erwachsenen, die sich noch mehr an effizienz ausrichten müssen im alltag, noch weiter verbreitet. warum sollte ich irgendwas bei BEURKUNDET größter abscheiß-gefahr überhaupt angehen??

das ist genau, was ich mit meinem text oben gemeint habe und warum ich das system komplett ändern würde.

lg, patrick

Einfach so ein Gegenbeispiel Mein Sohn erzählte nach den BJS, dass ein Klassenkamerad, der im Unterricht gerade so mit kommt, am weitesten geworfen hat und dass das total toll für ihn wäre.

Zitat von paulina

und das ich in einer randsportart deutsche meisterin geworden bin....hat nie jemanden interessiert

Tandemstillen?