Was passiert wenn Frau den Kaiserschnitt ablehnt?

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  • Janos: ja, sie hat mich gestört. Abgesehen von der nicht abgesprochenen Medikamentengabe, hab ich mich in der pressphase daran verfangen (schmerzhaft) und hatte hinterher einen üblen Bluterguss.


    Abgesehen davon halte ich es für den geburtsverlauf absolut hinderlich, die Geburt damit zu beginnen, einen höchst unwahrscheinlichen Notfall zu berücksichtigen. Meine hausgeburtshebamme ist prima ohne klargekommen und hausgeburten sind genauso sicher wie klinikgeburten.


    Aber deine Argumentation ist typisch Klinik: da wird halt geguckt, was im Notfall passieren könnte, aber nicht, was die gebärende gerade braucht. Ich hatte die braunüle bewusst abgelehnt, wieso muss ich 10 min bedrängt werden?


  • edit: happy spider, hast du schon mal versucht, in einer situation, in der es um sekunden geht, alle hektisch und nervös sind, weil jemand plötzlich ein riesenproblem hat, eine braunüle zu legen? ist kein spass. va nicht, wenns nicht klappt. klar braucht man das nicht, wenn alles gut ist. aber was wenn doch? stört das ding so sehr?


    Ich bin nicht happy spider, aber: Ja, das Teil kann saumäßig stören. Meine Arme (wenns dafür eine medizinische Erklärung gibt, gern her damit) sind scheißempfindlich, was das stechen angeht. Es gibt wengie (2 meienr ehemaligen Hebammen waren das und 2 Ärzte seit ich denken kann) die bei mir so stechen, dass ich a) keinen blauen Fleck bekomme (dieser stellt sich wenige Minuten nach dem stechen ein) und b) mir die Einstichstelle teils so schmerzt bzw der ganze Arm schmerzt, dass ich sogar Probleme beim Anziehen habe. Das war nach meiner Notsectio ein riesen Problem. Ich kontne den ersten Tag mit 2 Einstichstellen am linken Arm usneren Sohn kaum allein links stillen, da ich meinen Arm nicht bewegen konnte. Unter der Geburt, beim vaginalen Versuch ganz davon zu schweigen :S


    Es gibt das Personal, das auf Augenhöhe mit Patienten redet. Bei der zweiten Geburt (verlegte HG mit Notsectio) hat der Chefarzt der Gyn meine Hand gehalten, war für mich und meinen Mann da,. hat sich !entschuldigt! dass die HG sowie der vaginale VErsuch (VBAC) nicht klappte und er es viel lieber ohne Sectio mit mir beendet hätte. Das war für mich Balsam, es war nicht traumatisierend wie bei der ersten, sek. Sectio in Ruhe, obwohl dieses Mal vom abmachen des CTG inkl Weg vom Kreissaal in den OP bis zum ersten SChrei nur 14 Minuten vergingen. Es geht also, auch in Notsituationen.


    Und nein, in einigen Momenten meines Traumas hatte ich kein VErständnis fürs Personal in der ersten Klinik. Denn das hätte geheißen, ich würde die SChuld für die scheiß GEburt komplett auf mich nehmen, und das hätte mich komplett gebrochen (und in einigen Phasen meiens Lebens seitdem wohl auch zum Suizid gebracht)

  • Zum Thema Braunüle: ja, das stört sehr. Mich zumindest. Ich habe es dieses mal auch zuerst wieder abgelehnt. Jeder weiß doch, dass die freie Positionswahl und aufrechte Pisitionen während der Geburt für den Geburtsverlauf meist sehr günstig sind. Aber wie soll man sich bei kräftigen Wehen an ein Tragetuch hängen, oder vorn über gebeugt an einem Tisch hängen, wenn dabei die Braunüle stark im Arm/in der Hand schmerzt? Also wird man sich doch in seiner Wahl der Position einschränken und somit kann sich der Geburtsverlauf verzögern, was wiederum zu weiteren Eingriffen führen kann
    Edit: und ich hatte 4 Wochen lang üble Schmerzen an der Stelle, , ab der die Braunüle später doch noch gelegt wurde

  • mein KS war kein Not-KS. Es war ein hoher Geradstand, die Herztöne waren immer gut, MM voll eröffnet aber es tat sich genau nix. - aber zum Unterschied von den meisten hier geschilderten Fällen sagte mein Bauchgefühl schon vor der Hebamme "so kommen wir nicht weiter".
    Es wurde mir auch nicht vermittelt, dass jetzt SOFORT ein KS sein muss - hatte ich ja schon mitbekommen, dass es kein Notfall ist - immerhin war Zeit mich ein 3. mal nach dem Verlauf der 1. Geburt zu fragen.
    die KS-Rate lag 2009 dort bei 12% - also hatte ich auch keinen Grund für gesteigertes Misstrauen.


    ich war umgekehrt schon am überlegen, wie ich der Hebamme jetzt sage, dass ich nicht mehr daran glaube, dass er den Weg findet. aber die Wehenpausen waren nicht lang genug.


    Zur Braunüle - nein sie hat mich nicht gestört, und ich habe sie auch nicht abgelehnt - blöd war nur, dass der Arzt später sie übersehen hat, und mir an der anderen Hand eine neue legte #lol - ich war wohl auch grad nicht in der Verfassung das zu überblicken.

  • mir geht es um die absicht, die dahinter steckt, die ihr unterstellt. das klingt so, als hätten ärzte spass daran, ihren patienten ihre macht demonstrieren, sie zu ärgern, nicht, sie heilen und ihnen helfen zu wollen.
    mich macht eine solche einstellung, dieses misstrauen, das viele leute in der begegnung mit ärzten haben, v.a. in einer situation, in der man irgendwie einer entscheidung kommen will, regelmässig wahnsinnig.


    Ich freue mich für dich, dass du deinen Ärzten vorbehaltlos vertrauen kannst. Meine Erfahrung ist leider eine andere. Und nicht nur meine, sondern auch die von mehreren mir bekannten Menschen, die als Mediziner arbeiten/gearbeitet haben. Und ja, einige Ärzte haben Spaß daran, Macht zu demonstrieren, bzw. sehen viele es als natürliche Gegebenheit, Macht zu haben & sie zu nutzen.



    und klar: prima, wenn die geburt schön ist. aber das kann man erst dann realisieren, wenn man es geschafft hat, dass beide keine körperlichen schaden nehmen.


    Weniger schön ist es, wenn in einen Geburtsverlauf, bei dem alles von selbst gegangen wäre, massiv eingegriffen, wenn gg. den Willen bzw. ohne das Wissen der Frau die Blase gesprengt wird, der Damm zerschnitten wird, usw.


    happy spider, hast du schon mal versucht, in einer situation, in der es um sekunden geht, alle hektisch und nervös sind, weil jemand plötzlich ein riesenproblem hat, eine braunüle zu legen? ist kein spass. va nicht, wenns nicht klappt. klar braucht man das nicht, wenn alles gut ist. aber was wenn doch? stört das ding so sehr?


    Ich bin zwar nicht happy spider, antworte aber trotzdem: mich stört das Ding massiv, ja. Es bereitet mir große Schmerzen & schränkt mich ein. Ich finde es bedenklich, das jeder Gebärenden zu verpassen. Denn damit ist man sichtbar zum Patienten geworden & schwebt offensichtlich in ständiger Gefahr. Das finde ich nicht förderlich für eine normale Geburt.
    Ausserdem wird so ein Anschluss auch gerne genutzt, wenn er denn schon mal da ist, auch wenn es nicht unbedingt notwendig ist. So ist zumindest meine Erfahrung.

  • Da hatte ich im perinatalzentrum in dem ich meine kleine bekommen habe direkt Glück. Die haben mich vor jedem Schritt gefragt. Nur für die notsectio nicht mehr. Ab da war es nicht mehr Selbstbestimmt aber da es eine echte Notsituation war verstehe ich das. Aber vorher haben sie mir alles was sie an Ideen hatten erklärt und mich entscheiden lassen. Das beste war das ich mir sogar meine wunschärztin kam zu mir als die Hebamme mir jeden Schritt erklärt hatte. Ich habe alles frei entscheiden dürfen bekam Vorschläge hatte aber nie das Gefühl das mir was aufgedrängt wurde. Im Gegenteil. Es ist also nicht immer so das im kh über einen entschieden wird. Die Klinik hat eine ks Rate von 25% was allerings für ein perinatalzentrum Level 1 nicht so hoch ist da sich dort ja die risiko Schwangeren geballt befinden. Extremfrühchen, plazenta prävia, hellp usw. Das ist klar das die Rate dort höher ist.


  • an meinem Studienort habe ich auch eine ganze Reihe von zukünftigen Medizinern kennen lernen dürfen, denen ich krank nicht über den Weg laufen möchte. ja bei einigen habe ich mir wirklich gewünscht, sie werden ihren Ergeiz in die Forschung stecken.

  • spider, gh geburten sind halt nun mal auch gut selektiert. wer eine entsprechende anamnese hat, wird doch ins kh geschickt zum entbinden. kann man also vom risikopotential nicht so vergleichen. man kann sicher auch ohne braunüle entbinden. hast du einfach ohne grund schmerzmittel bekommen?


    das beispiel mit dem chef ist gut:chefs sind meist so gelassen, die sind halt auch schon dreisig jahre i geschaeft und kennen alle katastrophen der welt. die erschuettert so schnell nichts. aber leider muss man irgendwo mal anfangen mit erfshrungensammeln. und in den ersten jahren macht man sicher manches anders als in spaeteren jahren. freundlich zugewandt kann man natuerlich auch mit 25 sein, aber es faellt deutlich schwerer, wenn man sich auf eine katastrophe zurauschen sieht. da ist nichts und niemand entspannt.


    und dass nicht nur sympathietraeger unter den aerzten sind ist so wie in allen jobs. "die aerzte" gibts halt nicht. verstaendnis muss man aber unter der geburt fuer nichts haben finde ich. aber im nachhinein auch noch ueberall "machtgehabe" oder "abzocke" zu sehen triffts nicht so ganz

  • Janos, du BIST Ärztin. Dass du jetzt deinen Berufsstand verteidigen möchtest, verstehe ich gut. Wie wäre es, wenn du trotzdem die Erfahrungen der anderen einfach als Erfahrungen akzeptierst? Und nicht beurteilst?

  • Zur Braunüle: Ich bekomme schon beim Gedanken einen Schweißausbruch. Es würde mich mehr als nur stören und zur Geburt loslassen und entspannen könte ich nicht, wenn ich so ein Ding im Arm hätte. Aber die Argumentation hab ich schon bei meiner ersten Kreißsaalbesichtigung nicht verstanden, wo es hieß: "Das wird immer schön in Ruhe gemacht, denn wenn wir die Braunüle wirklich brauchen, wird das Legen schwer bis unmöglich. Die Braunüle nicht zu legen wäre unverantwortlich."
    Meine Rückfrage, wie es denn die Kollegen in einer anderen (hier sehr bekannten) Geburtsklinik schaffen, wo eine Braunüle nicht zum Standard gehört, wurde nicht beantwortet.
    Und - Überraschung - 10 Jahre später war die Standard-Braunüle dann auch in der ersten Klinik überholt. Oha.


    Ich habe so meine Erfahrung mit Druckaufbau von Ärzten, auch wenn ich nie in einer Klinik geboren habe. Bei meiner dritten Schwangerschaft war ich wegen einem Sturz in der 30. SSW in der Klinik. Mein Gebätmutterhals war verkürzt und fingerdurchlässig - das war bei mir einfach so, ich kannte das schon aus den anderen Schwangerschaften, es hatte nichts mit dem Sturz zu tun. (Ich habe kein Kind vor Termin geboren.) Habe ich dem Arzt auch gesagt. Sagt der mir ins Gesicht: "Cerclage! Wir können Sie zunähen oder Sie verlieren dieses Kind. Wie SIE wollen!" Damit stürmte er raus. Die Schwester hinterher. Ich ungefähr so: :stupid: #motz , Hose hochgezogen, hinterher, da höre ich sie auf dem Gang. Die Schwester meinte etwas in die Richtung: "nicht ein bisschen schroff, Herr Doktor?" und er: "Keineswegs. Man muss denen mal gehörig Druck machen."


    Ich weiß, dass nicht alle Ärzte so sind. Aber solche Erlebnisse (wie viele andere auch) führen halt dazu, dass der Vertrauensvorschuss aufgrung der Erfahrung schwindet und sich bei mir leider immer erstmal ein Misstrauensvorschuss aufbaut, der erst mal abgebaut werden muss.

    Es gibt überall auch Gutes in der Welt.
    Selbst RTL hat Ninja Warrior!

  • wie ich oben sagte, erfahrungen... meine sind durchwegs gut, auch diejenigen, bei denen es nicht um gynäkologie ging, sondern um mein kind im kinderspital. ich weiss aus internen quellen (freundinnen von mir arbeiten da), dass sie grossen stress haben, aber dennoch waren wir immer kompetent beraten, immer auf augenhöhe, immer erklärt, sodass der letzte dummbassel ergo ich es auch noch versteht #top vielleicht haben sie hier in der schweiz bessere fortbildungen? eine bessere ausbildung? keine ahnung.
    udn wie gesagt, ich war im uniklinikum. dort wo alle hochrisikogeburten hingehen. ich hätte es nicht gebraucht, in beiden fällen nicht. bei nr2 reichte es weder für verkabelung noch für braunüle, das ging so schnell. und sie hätten vorher genügend zeit gehabt, mich zu verkabeln und eine braunüle zu legen (ich war um 1h im kh weil geblutet, aber dann tat sich nichts und ich hatte schon auf falschen alarm getippt, bis es dann doch losging 2h später und eine sache von 15min war, wie gesagt, wir haben es beinahe nicht mehr in den kreissaal geschafft). sie haben mich aber komplett in ruhe gelassen mit dem zeug #weissnicht


    was ich aber schon denke, ist dass sie auf einen potentiellen notfall abgesichert sein wollen. deshalb legen die braunülen, deshalb sind die geburten normalerweise mit ctg überwacht, jedenfalls bei der austreibungsphase (hat bei mir auch nicht mehr gereicht, die ärztin hüpfte mit einem dopton gerät zum herztöne hören vor meinem bauch rum). und ich denke, diese dinge wären bei vielen geburten nicht nötig. medikamente sollte es ja eigentlich nur geben, wenn sie wirklich gebraucht werden.
    ich glaube aber auch, dass viele frauen so funktionieren, dass sie möglichst alles mitnehmen wollen. viele gucken mich komisch an, wenn ich von meinen geburten erzähle, weil sie beide ohne schmerzmittel oder pda waren. wie soll denn das gehen? viele können sich das gar nicht mehr vorstellen. und vor allem auch nicht vorstellen, dass man das freiwillig macht, wisst ihr was ich meine?

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • Ich wollte auch keine Braunüle. Das war für mich ein starkes Argument gegen eine Klinikgeburt (wobei die guten Zahlen der außerklinischen Geburtshilfe noch wichtiger waren). Sie landete bei 3 vorangegangenen OPs immer in der Hand. Und ich brauchte aber meine Hände für die Geburtsarbeit. Ich war mir nicht sicher, ob mich das behindern könnten und dann am Ende neben einigen anderen Dingen dazu führt, daß ich die Geburt nicht schaffe. Ich wollte einfach alle potenziellen Störfaktoren ausschließen, und es gab bei mir auch keine Argumente für die Klinik als Geburtsort.


    spider, gh geburten sind halt nun mal auch gut selektiert. wer eine entsprechende anamnese hat, wird doch ins kh geschickt zum entbinden. kann man also vom risikopotential nicht so vergleichen. man kann sicher auch ohne braunüle entbinden. hast du einfach ohne grund schmerzmittel bekommen?


    Das stimmt, es findet eine Vorauswahl statt. Aber auch im Vergleich mit gleichen Vorraussetzungen, sind die Zahlen immer noch sehr gut, teilweise besser. Da ist vielleicht das ganz interessant, auf S. 36 ist eine Zusammenfassung KLICK.

  • gibt es eigentlich statistiken, die die niederlande betreffen? weil dort gebären frauen ja per default eher zuhause, in gebärcentern? (oder ist das ein ammenmärchen?). denn dann müsste es doch eine viel "objektivere" statistik geben. hier in ch ist es auch so, dass es ziemlich enge richtlinien für geburtshäuser gibt (keine mehrlingsschwangerschaften, bis 37+0 gebrütet, kopflage, keine komplikationen wie diabetes etc.), und soweit ich weiss, werden 4% der geburten verlegt.
    und auch die sectioraten der kh's sagen ja nicht unbedingt was aus - wobei ich es spannend finde, dass unser uniklinikum mit all den hochrisikofällen, eine tiefere sectiorate hat als die privatspitäler der region #zaehne

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • Laut einer ehemaligen Kollegin gebären in den Niederlanden nur noch 1/3 Zuhause, es gäbe einen Trend in Richtung Krankenhaus.


    Zum Thema Braunüle: fand ich auch immer total doof und überflüssig. Dann hatte ich nach der zweiten (Haus)Geburt starke Blutungen und wurde ohnmächtig, Blutdruck war kaum noch messbar. Die Hebamme hatte schon die Hand am Telefon, um den RTW zu rufen und hat sich überlegt, wie sie jetzt einen Zugang legen soll, da die Adern komplett weg waren.
    Bei der nächsten Geburt, die ja auch als hausgeburt geplant war, hätte die Hebamme mir auch daheim bei Geburtsbeginn eine Braunüle gelegt.


    Ich musste ja dann ins KH, weil der Hebamme die Geburt zu risikoreich erschien (Verdacht auf Hellp), aber ich glaube, dass sehr viel in der Geburtshilfe mit dem Gedanken der 100%igen Sicherheit zu tun hat. Auch wenn ein KS Risiken hat- der Arzt ist damit auf der sicheren Seite: kein Arzt wird verklagt, weil er zu früh einen KS gemacht hat, wohl aber, wenn es zu spät war. Ein KS gilt bei Versicherungen und Gerichten als sicherste Geburtsform.


    Unabhängig davon würde ich viele Ärzte und Hebammen gerne mal in soziale Kompetenztrainings schicken. Es gibt halt einige, die menschliche Totalausfälle sind. Und dann gibt es andere, die so empathisch sind, dass ich mir wünschte, das würde auch mal mehr honoriert werden von Seiten der Chefs usw...

  • Ich sehe bei dieser Thematik eine Reihe von einzelnen Problemen, die zusammengenommen zu scheinbar unüberbrückbaren Gegensätzen zwischen Gebärenden und Ärzten führen.


    Ja, es gibt sie immer noch, die Halbgötter in Weiß. Die sich in der Tradition der Göttinger sehen, die die Geburtshilfe den Hebammen aus der Hand genommen haben und der Meinung sind, das sei auch ganz gut so. Schließlich sind sie die wahren Fachleute und können viel besser beurteilen, wie so eine Geburt abläuft, als die Gebärenden und manchmal denken sie wahrscheinlich auch, dass sie es besser können als die Hebammen. Das muss gar nicht so am Alter liegen, dass so nur die alten Oberärzte denken. Manch ein Assistenzarzt oder eine Assistenzärztin im ersten Weiterbildungsjahr reagiert auch so, weil sie ihre Position im Medizinbetrieb noch nicht richtig gefunden haben. Die Hebamme (mit ihrer Jahrzehntelangen Erfahrung) um Rat zu fragen bzw. die Gebärende nach ihren Wünschen und ihrem Gefühl, das fühlt sich falsch an. Ich muss es ja wissen, ich bin der Arzt bzw. die Ärztin.


    Dann gibt es Leitlinien, an die man sich halten sollte. Man darf zwar im Einzelfall von der Leitlinie abweichen, wenn es dann aber schief läuft, hat man eventuell Probleme zu belegen, dass es nicht wegen dieses Abweichens schief gelaufen ist. Neben Leitlinien gibt es noch Regeln, die der eigene Chef bzw. die Oberärzte aufstellen. Je nach Persönlichkeit des Chefs empfiehlt es sich nicht wirklich, davon abzuweichen.
    Und bei diesen Leitlinien und Regeln tut sich immer wieder etwas. Ich habe auch mal zwei Jahre in der Geburtshilfe gearbeitet. Zu der Zeit wurde ein Dammschnitt in viel mehr Situationen als unverzichtbar angesehen als heute.


    Dann ist es heutzutage so, dass nach unglücklichen Geburtsverläufen Eltern oder auch deren Krankenkassen nicht selten klagen. Das setzt Ärzte und Ärztinnen stark unter Druck. Jeder Handgriff, der ausgeführt (oder auch unterlassen wird), kann zum Angriffspunkt vor Gericht werden. Eine abwartende Vorgehensweise, die durchaus möglich, aber ein klein wenig risikoreicher ist, als eine Intervention, kann sich so übel rächen, vor allem, wenn die Leitlinien etwas anderes sagen. Wenn ein Geburtshelfer nun im eigenen Umfeld solche Fälle schon miterlebt hat, dürfte die Bereitschaft, auf Interventionen zu verzichten, deutlich kleiner werden. Das ist sehr schade, dass man Geburtshilfe mit dem ständigen Hintergedanken betreibt: Bloß nichts Angreifbares tun. Aber es ist sehr schwer, diese Gedanken beiseite zu lassen.


    Und dann ist das Problem wirklich, dass es in den Kliniken immer noch zu wenig Erfahrung mit medizinisch unbeeinflussten oder nur wenig beeinflussten Geburten gibt. Ein Arzt, der noch nie erlebt hat, dass bei einem X Stunden langen Geburtsstillstand alles noch wunderbar werden kann, wird eine Intervention empfehlen. Wer es schon dutzende Male gesehen hat, wird eher noch länger zuwarten wollen. Außerdem nimmt in Zeiten der häufigen Klagen gegen Geburtshilfer verständlicherweise auch die Möglichkeit ab, Erfahrung mit komplizierten Geburtsverläufen zu sammeln. Es gibt immer weniger Ärzte und Ärztinnen, die viel Erfahrung mit vaginaler Geburt bei Beckenendlage haben. Und diese mangelnde Erfahrung ändert die Empfehlungen natürlich auch. Wenn ich als Arzt nur alle zehn Jahre mal eine vaginale Geburt aus Beckenendlage mache, werde ich eher einen Kaiserschnitt empfehlen, als wenn ich das alle paar Monate mal mache.


    Nicht zuletzt sind die Erwartungen an eine Geburt und das Denken an eine Geburt völlig anders. Der Arzt oder die Ärztin möchte einen möglichst unkomplizierten Verlauf und nachher eine gesunde Mutter mit gesundem Kind. Er oder sie weiß aber auch, was alles schief gehen kann, dieses Wissen ist präsent. Der Wunsch, Komplikationen zu vermeiden, beinhaltet, dass man diese Komplikationen auf dem Schirm hat.
    Die werdenden Eltern wünschen sich die Geburt als - ja, welches Adjektiv nehme ich jetzt - schönes? überwältigendes? beeindruckendes? Erlebnis. Natürlich sind Mutter und Kind (und Vater auch) am Ende wohlauf, das ist für viele selbstverständlich. Und eine werdende Mutter soll auch nicht oder jedenfalls nicht zu viel an Komplikationen denken, das steht dem entspannten Geburtsverlauf im Wege.
    Mit diesen unterschiedlichen Ausgangspositionen ist eine gute Kommunikation schwierig. Wobei - das kam für mich aus einigen Beiträgen heraus - eine gute Kommunikation existentiell wichtig ist, damit eine Intervention für die Frau nicht zum Trauma wird bzw. das Trauma kleiner ist.


    Zu meinen eigenen Erfahrungen als werdende Mutter: Ich war sehr angetan, wie sich die Geburtshilfe heutzutage verändert hat. Hebammenkreißsäle, Hebammensprechstunde vor der Krankenhausgeburt, das fand ich sehr schön und viel zugewandter, als ich die Geburtshilfe als "Aktive" kennen gelernt habe.
    Mein eigener Kaiserschnitt in Vollnarkose war absolut alternativlos, trotzdem habe ich hinterher ein wenig getrauert. Ich fühlte mich um das Geburtserlebnis beraubt. Und mein Sohn war mir die ersten Tage auch etwas fremd. Für mich war enorm wichtig, dass mein Mann das Bonding übernommen hat und den kleinen Kerl schon 12 Minuten nach der Geburt im Arm hielt. Das hat gegen die irrationale Angst vor einer Verwechselung geholfen.
    Und zu Braunülen: Ich neige ein wenig zu Venenentzündungen bei Braunülen, sehr lästig das. Trotzdem würde ich mir auch vor einer vaginalen Geburt eine Braunüle legen lassen. Mich würde es beruhigen, dass im Fall des Falles schnell ein wehenhemmendes Mittel gespritzt werden kann, und nicht ein nervöser Arzt bei schlechtem CTG in meinem Arm nach der Vene sucht.

    • Offizieller Beitrag

    Ein KS gilt bei Versicherungen und Gerichten als sicherste Geburtsform.


    Ich glaub, wenn man da ansetzen könnte und bei der Vergütung, dann wäre schon viel erreicht.

  • In den Niederlanden kriegen ca. 20% der Frauen ihr Kind zu Hause aber das machen Hebammen im Normalfall auch nur mit wenn es kein besonders hohes Risiko gibt.


    Wobei ich das Risikoargument in Bezug auf die Braunüle auch nicht verstehe: Was hindert denn im Krankenhaus an einer individuellen Risikoabschätzung? Da kann man doch im einen Fall zu sagen: "Okay, die Frau will es nicht und mit Blick in den Mutterpass stellen wir fest, dass es kein erhöhtes Risiko gibt und die ersten zwei Geburten auch komplikationsfrei über die Bühne gegangen sind, die Wahrscheinlichkeit, dass wir das Teil brauchen ist minimal, also lassen wir es." Und im anderen halt: "Es gibt x Risikofaktoren, die Wahrscheinlichkeit ist deutlich erhöht, also legen wir die Braunüle."


    Ich sehe das Problem ja eher darin, dass Mediziner in ihrer Ausbildung vor allem lernen körperliche Prozesse, die aus dem Ruder laufen, zu kontrollieren. Und wenn man dann einen Hammer hat, sieht halt alles aus wie ein Nagel. So wird dann auch bei einer Geburt vor allem darauf geachtet was aus dem Ruder läuft und das Ganze weniger als natürlicher Prozess gesehen. So wird dann unter der Geburt mehr gemacht als man eigentlich müsste. Ich glaube da weniger an bösen Willen als daran, dass die Ausbildung halt das vorsieht. Wobei man nicht vergessen darf, dass es auch viele Menschen gibt, die gerne das Maximum an medizinischen Möglichkeiten ausschöpfen (egal ob es da jetzt um eine Erkältung geht oder eine Geburt).

  • ich wollte noch nie jemandem macht demonstrieren. und fälle ich entscheidungen, dann überlege ich schon vorher, was ich sage. und erkläre auch. fragen beantworte ich, soweit es geht,...

    Janos, ich wünsche mir einfach viel mehr Ärzte, die so denken und arbeiten wie Du, und viel weniger von der anderen Sorte #knuddel





    Mein Gebätmutterhals war verkürzt und fingerdurchlässig - das war bei mir einfach so, ich kannte das schon aus den anderen Schwangerschaften, es hatte nichts mit dem Sturz zu tun. (Ich habe kein Kind vor Termin geboren.) Habe ich dem Arzt auch gesagt. Sagt der mir ins Gesicht: "Cerclage! Wir können Sie zunähen oder Sie verlieren dieses Kind. Wie SIE wollen!"

    Genau so !!!!




    Edit: Wenn ein Arzt zu mir käme und aufgrund von Befunden (Entzündungswerte, Bakterienbefall, kontinuierlich weiter verkürzte Zervix) mir sagte "Das entwickelt sich jetzt sehr kritisch, ich würde Ihnen das und das empfehlen. Bitte denken sie drüber nach und fragen Sie mich, falls Sie noch Bedenken haben. Bis morgen früh müsste ich Bescheid wissen", dann ist es etwas ganz anderes und ich würde ihm vertrauen und seine Entscheidung mittragen, auch wenn es mir nicht gefällt. Aber wenn er Druck macht und ohne Befunde sagt "Sie verlieren sonst Ihr Baby", dann geht bei mir eine Klappe runter - sorry.



    LG,
    Anne

    "Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben" ~ Johann Wolfgang von Goethe

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