Einem Kind wird kein Leben verwehrt, wenn es gar nicht erst gezeugt wird. Ich finde die mangelnden Ansprüche hier sehr befremdlich. Die Kinder nicht bis mindestens zum Existenzminimum im Studium unterstützen wollen? Ähhh... 8I
und ich amüsiere mich grad ein bißchen und unterschreibe ansonsten bei la costurera und Flickans erstem Absatz aus Posting Nr. 100.
Natürlich ist es toll, sich hinzustellen und zu sagen, aber klar doch, wir finanzieren alles, ist doch logisch. Nur kommt es manchmal anders. Weiß man, ob man z.B. ein behindertes Kind bekommt (oder Kind vielleicht krank wird/einen Unfall hat) mit all der Pflege und Kosten, die dahinterstehen? Ich hab den Fall in der entfernteren Familie, dagegen ist ein Semester in Harvard ein Klacks. Weiß man, ob man nicht langzeitarbeitslos wird? Weiß man, ob man nicht einfach stirbt, noch bevor die Kinder so weit sind, über die Ausbildung nachzudenken? Und weiß man, ob Kind überhaupt studieren will? ich geh jetzt garantiert nicht hin und mache mir Gedanken darüber, wie ich ein hypothetisches Studium in 10 Jahren (und später) finanzieren soll. Mir ist es wichtig, daß es meinen Kindern JETZT und in näherer Zukunft gut geht und das nicht nur im materiellen Sinn. Und dafür sorge ich.
Ich bin alleinerziehende Studentin und habe entsprechend wenig Geld. Das wird sich nicht so bald ändern, später voraussichtlich aber schon. Und ja, da habe ich verdammt hohe Ansprüche. Ich werde mein Kind sicher nicht der durchschnittlichen Regelschule aussetzen und gute Schulen gibts nur mit Glück kostenlos. Den Grundbetrag zum Studium zu finanzieren finde ich selbstverständlich. Ich mache mir eher Gedanken um sowas wie "Ein Semester Harvard kostet 9000€." Den Kindern das Studium nicht finanzieren zu wollen, weil man gemütlich im Eigenheim sitzen will - nunja. Nicht meine Welt. Ich lebe lieber die nächsten zwanzig Jahre in WGs als meinem Kind mitteilen zu müssen, dass das mit der ernsthaften Karriere leider nichts wird, weil es nichts ordentliches studieren kann (und die Universitäten im eigenen Bundesland ist eine verdammt beschränkte Auswahl).
Tja, wir haben es eben anders gelöst. Ich hab mir die Schule hier vor Ort und den Kiga vorher angeschaut und für gut befunden - und dann sind wir hierher gezogen. Und das weniger, weil ich das Landleben so toll finde, sondern weil es den Kindern hier echt gut geht. Sie haben eine gute Grundschule und das kostenlos (die Klassengrößen sind z.B. teilweise kleiner als an der schweineteueren elitären Privatschule am alten Wohnort), sie haben einen guten Kindergarten (die Kosten sind höher als woanders, ist eben so), sie haben genug Platz im Haus (es geht nicht darum, daß wir Eltern gemütlich hier drin sitzen, sondern daß sämtliche Familienmitglieder tagtäglich vom Platzangebot und der Lage - Spielstraße, zig andere Kinder, viele Angebote usw. profitieren. Und finanziell haben die Kinder später wahrscheinlich auch was davon - s. Flickan). Sollte eine Privatschule nötig werden, weil eins der Kinder nicht klarkommt, wäre momentan auch das drin. Aber ich finanziere nicht von vornherein irgendeine Eliteeinrichtung, weil ich "Elite" an sich doof finde, s.u.
Und nochmal - ist zum Zeitpunkt des (eventuellen!!!) Studiumbeginns genug Kohle vorhanden, kann Kind auch gerne auf dem Mond studieren. Ist die Kohle (aus welchen Gründen auch immer, ich hab weiter oben ja genug aufgezählt) nicht da, bekommt es immerhin freie Wahl zwischen mehreren (ich hab mal gegoogelt, es sind deutlich mehr als drei, auf drei Bundesländer verteilt, Großraum sei Dank ;-)) Unis, einen Schlafplatz und Essen gestellt. Ich würde sagen, das ist durchaus ein solides Angebot. Und ich fände es für uns als Familie ziemlich doof, jetzt in irgendeinen blöden Ausbildungsfonds anzusparen oder Geld komplett im Sparschwein zu horten und tagtäglich an allem zu sparen, nur damit ich dann in 10 Jahren sagen kann "Kind, du kannst gerne nach Harvard, wir haben gespart, deswegen gab´s die letzten 20 Jahre weder Urlaub, noch neue Klamotten und ein Instrument war genau deswegen auch nicht drin" (ja, das ist überzogen, aber so in etwa kommt Dein Posting bei mir rüber "lieber 20 Jahre WG und Harvard als keine ernsthafte Karriere").
Und ich kann auch Eltern verstehen, die sagen, wir schaffen es, Kinder vernünftig großzuziehen, aber so und so viel finanzielle Unterstützung pro Monat für jedes Kind in der Ausbildung ist nicht möglich - einerseits wird immer darüber gejammert, daß hier in D zu wenig Kinder geboren werden, andererseits steigen die Ansprüche irgendwo in Regionen, bei denen Normalverdiener nicht mehr mithalten können. Genau dafür gibt es Bafög, Stiftungen und kostenlose Unis. Bildung sollte allgemeinzugänglich sein und nicht in 1. und 2. Klasse unterteilt werden.
Und wenn hier mangelnde Ansprüche beklagt werden, so ist mir persönlich dieses "nur privat und elitär ist richtig gut und bringt einen weiter"-Denken ziemlich fremd. Ich würde nämlich behaupten, allen Unkenrufen zum Trotz, so schlecht sind weder die deutschen Schulen, noch die deutschen Kindergärten noch die deutschen Unis. Ich mag dieses Bashing überhaupt nicht. Wenn einem die städtischen Kitas nicht zusagen, kann man immer noch einen kirchlichen, freien oder eine Elternini nehmen, es muß nicht der bilinguale Kiga für die künftigen Eliten von morgen sein. Wenn einem die normale Grundschule um die Ecke nicht zusagt, kann man umziehen, eine freie Schule nehmen oder vielleicht sogar selbst eine gründen - die Eliteschule für Topmanagerkinder muß auch nicht sein, mit so einem Umfeld hab ich echt meine Probleme (ich rede hier bewußt nicht von freien Schulen mit alternativen Konzepten, das ist eine andere Richtung - aber da gibt es häufig durchaus Möglichkeiten, auch mit geringem Einkommen reinzukommen, je nach Schule. Eine Schule, die diese Möglichkeit nicht anbietet und die Beträge nicht nach Möglichkeiten der Eltern staffelt, würde ich persönlich nicht finanziell unterstützen wollen, völlig salami, wie toll sie sonst sein mag. Ich kann Ausgrenzung nicht leiden). Und ganz ehrlich, "ernsthafte Karriere"? Ich hab gestern beim Einschlafen darüber nachgedacht - ich will eigentlich gar nicht unbedingt, daß meine Kinder eine "ernsthafte Karriere" machen. Ich will, daß sie glücklich sind, daß sie mit ihrer Berufswahl im reinen sind, eine Familie gründen, genug Zeit haben für sich und andere Menschen und Spaß am Leben. Mehrere Millionen pro Jahr und eine 70h-Woche wünsche ich ihnen dagegen so gar nicht. Ist für mich nicht mal ansatzweise ein erstrebenswertes Ziel (sollten meine Kinder das mal anders sehen - es ist deren Leben, aber ich muß es nicht gut heißen). Und für ein gutes Gehalt und Aufstiegschancen reichen die Ottonormalbedingungen einer staatlichen Uni durchaus (auch hier gibt es schlechtere und bessere, man hat die Wahl), man muß nur den richtigen Studiengang wählen und der Typ dafür sein. Ich bin z.B. kein Karrieremensch, da hätte keine Privatuni der Welt was dran geändert.
Was hier zu kurz kommt, ist der generelle Zugang zu Ressourcen, der ist nicht nur durch Mangel an finanziellen Kapital beschränkt, sondern auch durch Mangel an sozialem und kulturellem Kapital.
Ich habe gerade gut 30€ komplett für alles für drei Tage Brüssel bezahlt (für meine Tochter und mich), das wäre ohne die entsprechenden Kontakte und gesellschaftlichen Beteiligungsmöglichkeiten, die ich nicht hätte, wenn ich zwei Kinder hätte, nicht möglich gewesen.
das mit dem Mangel an sozialem und kulturellem Kapital - magst Du das mal näher ausführen, so ganz erschließt es sich mir nicht?